Studie: Zeitpunkt für Schuldenabbau ist gekommen

Aelterer Mann wartet auf einer Parkbank
Aelterer Mann wartet auf einer Parkbank(c) Bilderbox
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Niedrige Zinsen und die Rückkehr von Wachstum machten die Zeit reif, die angehäuften Schulden wieder zu senken, so der Brüsseler Thinktank Bruegel. Ein großes Problem sei dabei implizite Verschuldung.

Wien. Die Industriestaaten sollten nicht mehr auf „bessere Zeiten“ warten, um ihre in der Krise angehäuften Schuldenberge abzubauen. Das sei eine riskante Strategie, da das Verhältnis zwischen Zinsen und Wirtschaftswachstum in Zukunft wohl kaum mehr so günstig sein werde, wie derzeit. Das ist die Kernaussage einer Studie des renommierten Brüsseler Thinktanks Bruegel („Are advanced economies at risk of falling into debt traps?“), die in weiten Teilen der aktuell auch hierzulande wieder populären Theorie der Konjunkturankurbelung durch staatliche Verschuldung widerspricht.

Die Realzinsen seien derzeit auf einem historischen Tief, das durch die expansive Geldpolitik der Zentralbanken ausgelöst worden ist. Das Wachstum sei in den meisten Ländern zwar nicht außerordentlich stark, es sei jedoch auch unwahrscheinlich, dass sich das so bald ändern werde – es könnte sich in manchen Ländern aufgrund der demografischen Verschiebungen sogar weiter abschwächen.

Da dadurch etwa in den Gesundheits- und Pensionssystemen in Zukunft noch höhere Ausgaben zu erwarten sind, müssten die Staaten heute bereits damit anfangen, durch fiskalische Konsolidierung genügend Puffer dafür bereitzustellen, so die Autoren. Sie verweisen dabei auch auf den Internationalen Währungsfonds (IWF), der während der Krise – für viele ungewohnt – ganz offen für staatliche Ausgaben zur Konjunkturankurbelung plädiert hatte. Auch dies habe sich inzwischen wieder geändert, so die Bruegel-Studie. In seinen jüngsten Untersuchungen habe der Fonds wieder dazu geraten, dass die Industriestaaten ihre Verschuldung im Verhältnis zum BIP „allmählich und sanft wieder senken sollten“.

Versprochen ist versprochen

In diesem Zusammenhang kritisieren die Autoren der Bruegel-Studie erneut das großflächige Ignorieren impliziter Verschuldung bei der Debatte um Staatsschulden. Darunter fallen etwa Pensionsversprechen, die bereits gegeben, aber nicht durch künftige Sozialversicherungsbeiträge finanziert sind. In Österreich belaufen sich diese impliziten Pensionsschulden auf rund 350 Prozent des BIPs (siehe Grafik). Dies ist mehr als viermal so viel, wie die aktuelle heimische Staatsverschuldung ausmacht.

„Das Fehlen dieser öffentlichen Pensionsverpflichtungen in den Schuldenstatistiken verzerrt die Wahrnehmung der öffentlichen Verschuldung und sorgt für negative Anreize in Bezug auf Pensionsreformen“, so die Autoren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2016)

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