Christkindlmarkt: Den Herzerlbaum gibt's nicht mehr

Es war einmal: Der Herzerlbaum
Es war einmal: Der HerzerlbaumKarl Thomas/allOver/picturedesk
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Stilkritik. Der Adventzauber vor dem Wiener Rathaus heißt nun Weihnachtstraum. Träumen kann man nur vom Zauber der vergangenen Jahre.

Es gibt viele Adventmärkte in Wien, aber es gibt nur einen Christkindlmarkt. Zu viele Touristen, sagen die Wiener, und auch zu viele Besucher aus den Bundesländern, zu viel Glitzer und Kommerz und Punsch, von allem viel zu viel. Aber wie das so ist in Wien, der Blick auf das funkelnde Spektakel vor dem Rathaus entlockt dann auch dem grantigsten Fahrgast in den Straßenbahnen mitunter ein Lächeln. Zumindest war es bis heuer so.

Nach rund dreißig Jahren wurde das Konzept fundamental geändert. Von der bisherigen Gestaltung – die von der Werbeagentur Kreitner & Partner stammte – ist nicht viel übrig, aus dem Adventzauber wurde der Wiener Weihnachtstraum. Träumen kann man nun nur noch davon, wie aufwendig geschmückte Bäume den Park früher in einen Weihnachtsmärchenwald verwandelt haben. Die Zuckerstangen, die Geschenkspackerln, die Eiskristalle und Laternen, die in den kahlen Zweigen baumelten, sie gibt es nicht mehr. Und, was nicht nur nostalgische Liebespaare treffen dürfte, sondern auch jene der Zukunft: Der berühmte Herzerlbaum, Ruhe- und Mittelpunkt im hektischen Gewühl, ist nicht mehr. Was sonst noch verloren gegangen ist, entdeckt man bei einem Rückgang erst nach und nach:

Eine Parkseite ist zur abgezäunten (und kostenpflichtigen) Eislauffläche geworden; durch den Wegfall von Fläche und Sitzgelegenheiten drängen sich noch mehr Menschen zwischen den Verkaufsständen, es geht langsam voran. Der Kinderbereich, also das wenige, was für Kinder übrig geblieben ist, findet sich auf der anderen Seite des Parks und ist zu einer lieblosen Alibiaktion geworden. Das alte Karussell, eingezwängt zwischen den Toiletten und den Rückwänden diverser Aufbauten, wird sich weiterdrehen, Stimmung kommt keine mehr auf. Und der Rentierzug fährt aus Platzmangel nur noch ein paar wenige Meter im Kreis. Die Liliputbahn fährt gar nicht mehr.

Zum Schauen gibt es zwar noch einiges – eine Krippe, etwas Kunst – zum Machen aber kaum mehr. Außer Selfies mit dem Christkind, aber dafür muss man eine App installieren, auf die man alle paar Meter recht penetrant hingewiesen wird. Das neue Konzept biedert sich an, damit Bilder in die Social-Media-Welt hinausgeschickt werden. Das tut man wohl nur, wenn einen die Eindrücke begeistern. Dafür fehlen die Details, die dem Ganzen bisher Zauber verliehen haben.

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