Thiem in London: Ein exklusives Klassentreffen

Austria´s Dominic Thiem in action against Serbia´s Novak Djokovic during their round robin match
Austria´s Dominic Thiem in action against Serbia´s Novak Djokovic during their round robin match(c) REUTERS (Tony O´Brien)
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Matches in Londons gewaltiger 02-Arena sind für Spieler und Fans ein Erlebnis. Dominic Thiems Premiere verlief vielversprechend, am Dienstag folgt der zweite Akt.

Absolute Stille. Dunkelheit. Dann kann das Spektakel beginnen. Auf den riesigen Videowürfeln werden die Protagonisten vorgestellt, kurze Zeit später nacheinander Ballkinder, Stuhl- und Linienschiedsrichter begrüßt. Der Hallensprecher ergreift das Wort, die Veranstaltung bekommt den Charakter eines Boxkampfes: „The world is watching. So now, let the show begin.“

Die ATP World Tour Finals gleichen einer einzigen, bunten Inszenierung. Hochbegabt ist, wer hier mitwirken darf, nur für acht Einzel- und 16 Doppelprofis geht der Traum vom Erreichen des Tennis-Olymps jährlich in Erfüllung. Seit 2009 erfolgt der sportliche Ritterschlag in London, damals ist das Turnier der Weltbesten von Shanghai in die britische Metropole übersiedelt. Der Schauplatz in North Greenwich, unweit des Nullmeridians, hat sich bewährt. Spieler wie Fans genießen diesen Schlagabtausch auf Weltklasseniveau. Nirgendwo sonst bekommen Novak Djoković und Co. eigens mit ihren Namen bestickte Handtücher und Bademäntel, selbst die Garderobe wird personalisiert und vermittelt somit Exklusivität. Und in die Halle werden die Stars nicht, wie üblich, mit schnellen und luxuriösen Autos, sondern per Boot auf der Themse chauffiert.

Winner gegen die Nervosität

Dominic Thiem ist einen gewissen Luxus in seinem Leben mittlerweile gewöhnt. Mit über 4,5 Millionen Dollar Preisgeld ist er auch auf keinerlei Almosen angewiesen, London und die World Tour Finals toppen aber alles bisher Erlebte zwischen Melbourne und New York. Der 23-Jährige ist erstmals Teil der illustren Runde, betritt in London also Neuland und ist noch dazu der jüngste Spieler bei diesem hochkarätigen Klassentreffen der Elite.

Nicht nur die Veranstaltung hinterlässt bei Thiem Eindruck, auch er selbst hinterlässt bei der Veranstaltung Eindruck. In seinem Auftaktspiel gegen Djoković spielte der Niederösterreicher phasenweise groß auf, er gewann im vierten Vergleich mit dem Serben sogar erstmals einen Satz. Das Ergebnis lautete am Ende 7:6, 0:6, 2:6.

Djoković, der London zuletzt 2011 ohne Siegerpokal verließ, war ob der Unbekümmertheit seines Herausforderers beeindruckt, er streute Rosen: „Es hat nicht so ausgesehen, als wäre er überwältigt von der Bühne oder dem Ereignis. Er ist rausgekommen und hat darauflosgefeuert, hat wirklich großartiges Tennis gespielt.“

Thiem dürfte seine Nervosität geschickt überspielt haben, denn Coach Günter Bresnik hatte anderes zu berichten. „Dominic war außergewöhnlich nervös. Es war das erste Mal, seit er auch bei Grand-Slam-Turnieren spielt, dass ich ihn so unrund gesehen habe.“ Mit der Vorstellung seines Schützlings war er dennoch zufrieden, er bescheinigte ihm „eine starke Leistung“. Thiem hatte mit zahlreichen spektakulären Gewinnschlägen 17.500 Zuschauer in der O2-Arena verzaubert. Unter ihnen auch einen ganz speziellen, der sich selbst überaus bescheiden „The Special One“ nennt.

Meet and Greet: José!

José Mourinho ist großer Tennisfan und seit Sonntag auch Anhänger von Dominic Thiem. Nach dem Spiel kam es in den Katakomben kurzerhand zum Treffen der beiden Sportgrößen. Der Portugiese, lange Zeit bei Chelsea und jetzt Trainer von Manchester United, brachte „Blues-Freak“ Thiem in Verlegenheit: „Ich wusste, dass du gut bist, aber du bist noch besser, als ich dachte.“ Der Lichtenwörter berichtete später auf Instagram von einem „unglaublichen Erlebnis“.

Für Thiem ist das Turnier trotz der Niederlage gegen Djoković noch nicht vorbei, auch das macht diese Veranstaltung so besonders. Im zweiten Gruppenspiel wartet am Dienstag (15 Uhr, live in ORF Sport +) der Franzose Gael Monfils.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2016)

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