Van der Bellens Wahlkampfauftakt: "Kopf hoch, wir gewinnen das"

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BP-WAHL: WAHLKAMPFAUFTAKT VAN DER BELLEN: VAN DER BELLEN(c) APA (HERBERT NEUBAUER)
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Wahlkampfauftakt, die Dritte: Van der Bellen beginnt nun die heiße Phase der Kampagne. Schon wieder. Er appelliert vor allem an Jungwähler und Unentschlossene – auch mit Hilfe der ÖVP.

Wien. Alexander Van der Bellen spricht, wie soll man es beschreiben, nicht gerade im rasanten Tempo einer Lorelai Gilmore. Oder, für all jene ausgedrückt, die die TV-Serie nicht kennen: Er spricht langsam. Sehr langsam.
Das ist dem Hofburg-Kandidaten auch bewusst. Zu Beginn seiner Ansprache am Dienstagabend versprach er also dem Publikum: „Meine Rede wird nicht länger als zwei Stunden dauern.“ Am Ende wurden es dann doch nur 30 Minuten, zuvor war der ehemalige Grünen-Chef zur Musik von Daft Punks „One more Time“ in den Saal eingezogen. Dann meinte er: „Offiziell sind wir jetzt im elften Monat.“ Im elften Monat des Wahlkampfes.

Wenn man den dritten, beinahe vierten Auftakt für denselben Wahlkampf plant, bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als die Sache mit Humor zu nehmen: „Kopf hoch, wir gewinnen das“, ruft Van der Bellen in die Menge. Etwa 470 Menschen sind laut Wahlkampfteam zum offiziellen Start des Intensivwahlkampfes in den sogenannten Marx-Palast in Wien gekommen. Unter ihnen auch ein gewisser Othmar Karas, seit 17 Jahren EU-Abgeordneter für die ÖVP.

„18 Tage, um zu überzeugen“

Der Europapolitiker macht rasch klar, um wen es an diesem Abend geht – und um wen nicht. Zum einen will man Van der Bellens Sympathisanten noch ein letztes Mal motivieren, für den Kandidaten Stimmung zu machen. Noch viel wichtiger ist aber: Sie müssen auch zur Wahl gehen. Und andere dazu bringen, ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung scheint einer der großen Angstfaktoren in diesem Raum zu sein.

Klassische Wähler von Van der Bellens Gegenkandidaten, Norbert Hofer, könne man zwar nicht bekehren, meint Karas. Aber: „Wir müssen uns mit denen beschäftigen, die uns nicht hören und nicht sehen.“ Also jene, die „aus Wurschtigkeit“ nicht wählen wollen. Und jene, die noch unentschlossen sind. „Allen, die ihren 16. Geburtstag seit dem 22. Mai gefeiert haben, sage ich: herzliche Gratulation!“, erklärt Karas. Sie hätten nun die Chance, ihre Stimme abzugeben. „Es bleiben noch 18 Tage, um sie zu überzeugen“, rechnet er vor. Und in Richtung Van der Bellen meint er: „Vor 129 Tagen wären Sie angelobt worden.“ Aber: „Das System hat versagt. Sie haben gewonnen.“

Auch Van der Bellen appelliert an die Menge: „Verharren wir nicht in unserer Echokammer und hören nur das, was wir hören wollen.“ Man solle mit den Menschen, die nicht derselben Meinung seien, sprechen – und zuhören. „Aber ohne übertrieben lästig zu sein.“

Ohne Spitzen gegen den FPÖ-Kandidaten Hofer kommt aber letztendlich auch dieser Termin nicht aus: „Österreich ist ein liebenswertes, ein lebenswertes Land“, sagt Van der Bellen. Man müsse sich das in Erinnerung rufen – aber auch etwas dafür tun. „Was wir nicht brauchen, sind extremen Experimente.“ Genauso wenig wie „eine blaue Republik“. Dann zitiert er Hofer: „Nichts und niemand wird uns aufhalten“, habe er gesagt. „Was soll das heißen? Ja, wir werden sie aufhalten“, ruft Van der Bellen in die Menge.
ÖVP-Chef wählt Van der Bellen
Neben Karas gab es am Dienstag übrigens noch weitere Unterstützung aus der ÖVP: Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hatte wenige Stunden im ORF-Radio das Geheimnis gelüftet, wen er in zweienhalb Wochen zum Präsidenten wählen wird: Van der Bellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2016)

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