"Very organized" - Trump dementiert Chaos in Übergangsteam

Donald Trump und Rudy Giuliani im Gespräch im Wahlkampf im Oktober 2016.
Donald Trump und Rudy Giuliani im Gespräch im Wahlkampf im Oktober 2016.REUTERS
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Trump rührt in seinem Übergangsteam kräftig um. Nur er wisse, wer in seinem Kabinett sitzen werde. Rudy Giuliani gilt als möglicher Außenminister-Kandidat.

"Very organized process", twittert der gewählte Präsident der USA, Donald Trump, und versucht damit die Gerüchte über Chaos in seinem Übergangsteam zu zerstreuen. Er sei der einzige, der weiß, wer die Finalisten - also die künftigen Minister - seien.

Eine Woche nach seinem überraschenden Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen arbeitet Trump mit Hochdruck an der Zusammenstellung seines Kabinetts. Der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani ist offenbar einer der heißesten Anwärter auf das Amt des Außenministers, wie Äußerungen von Trumps Wahlkampfmanagerin Kellyanne Conway im Fernsehsender Fox News vermuten ließen.

"Sein Name wurde sehr ernsthaft als Außenminister genannt", sagte Conway dem Sender Fox News mit Blick auf Giuliani. "Es ist ein Job, für den er qualifiziert ist und den er außergewöhnlich gut machen würde." Der frühere New Yorker Bürgermeister gilt als einer der engsten Vertrauten von Trump. Er hatte den Milliardär im Wahlkampf anders als viele Republikaner-Kollegen vorbehaltlos unterstützt. Ursprünglich war der 72-jährige Giuliani als künftiger Justizminister gehandelt worden. Er selbst hatte zunächst auch im Fernsehen erklärt, dass er sich dieses Amt zutraue. Am Montag dann sagte er aber überraschend bei einer Veranstaltung in Washington, dass er nicht das Justizressort leiten wolle.

Giuliani als Lobbyist für venezolanischen Ölkonzern

Giuliani war wegen seiner Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung in New York und vor allem wegen seines beherzten Einsatzes nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 einst parteiübergreifend bewundert worden. Bei vielen US-Bürgern hat Giuliani durch seine Allianz mit Trump und zum Teil bizarre Wutattacken im Wahlkampf an Ansehen eingebüßt. Für seinen wild gestikulierenden Parteitagsauftritt erntete er beispielsweise viel Spott aus der US-Comedybranche.

Der Sender CNN berichtete, Trump prüfe allerdings noch, ob Giulianis Geschäftsbeziehungen - darunter seine Lobbyistentätigkeit für einen venezolanischen Ölkonzern - einer Berufung ins Amt des Außenministers entgegen stehen könnten. Für den Posten kommt Berichten zufolge auch der frühere UN-Botschafter der USA, John Bolton, infrage. Der scharfe UN-Kritiker ist wie Giuliani, der ihn am Montag als "sehr gute Wahl" bezeichnete, ein Falke. Auf die Frage, ob es noch eine bessere Wahl als Bolton gebe, sagte Giuliani: "Vielleicht ich, ich weiß es nicht."

"Messerkampf" um Kabinettsposten

Nachdem die Republikaner unmittelbar nach Trumps sensationellem Sieg ihre Reihen geschlossen hatten, werden nun erste Risse sichtbar. Der einflussreiche Senator John McCain warnte Trump in scharfen Worten vor dessen angekündigter Hinwendung zu Russland.

Eliot Cohen, zuletzt prominenter Fürsprecher des politischen Quereinsteigers, riet in der "Washington Post", sich von Trumps Team fernzuhalten. Dieses sei zutiefst arrogant und "vergebe Posten wie Lutscher an gute Jungs, statt die besten Talente zu rekrutieren".

CNN zitierte eine Quelle aus dem Umfeld des Übergangsteams, wonach hart um die zu vergebenden Kabinettsposten gerungen werde. Es sei wie bei einem "Messerkampf". Neben Giuliani und Bolton sind demnach auch der ehemalige General Michael Flynn und Senator Jeff Sessions aus Alabama aussichtsreiche Anwärter auf einen Platz am Kabinettstisch.

Bereits am Sonntag hatte Trump seine ersten wichtigen Personalentscheidungen getroffen. Zum Chefstrategen im Weißen Haus ernannte der 70-Jährige seinen ultrarechten Wahlkampfmanager Stephen Bannon; Republikaner-Parteichef Reince Priebus soll Stabschef werden.

Spekulationen entzündeten sich am Dienstag an dem Rückzug von Mike Rogers, der im Übergangsteam für nationale Sicherheit zuständig war. Zuvor hatte Trump bereits mit der Degradierung des Gouverneurs des Bundesstaats New Jersey, Chris Christie, vom Posten des Leiters seines Übergangsteam zu einem von mehreren Stellvertretern für Unruhe gesorgt. Christie wurde durch den designierten Vizepräsidenten Mike Pence ersetzt. Medien zitierten Insider mit den Worten, es fänden  "stalinistische Säuberungen" der Mannschaft statt.

Kein Kontakt zu Trump-Mannschaft

Die Zeitung "New York Times" berichtete zudem, dass Trump eine weiteren wichtigen Berater für Außen- und Sicherheitspolitik, Matthew Freedman, aus dem Team entfernt habe. Nach Angaben von US-Verteidigungsvertretern hat das Team im Pentagon, das die Amtsübergabe organisieren soll, bis zum Dienstagnachmittag noch keinen Kontakt zu ihren Ansprechpartnern in der Trump-Mannschaft.

Ungeachtet seiner Vorbehalte gegen den künftigen US-Präsidenten Trump haben sich die Republikaner unterdessen erneut für Paul Ryan als Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus ausgesprochen. Bei einer Abstimmung hinter geschlossenen Türen wurde der 46-Jährige von den Abgeordneten seiner Partei einstimmig bestätigt, wie die Republikaner-Fraktion in Washington mitteilte. Die formale Wahl findet nach dem 3. Jänner statt. Der 46-Jährige war im Wahlkampf auf Distanz zu Trump gegangen.

"Kein Geheimnis-Zugang für meine Kinder"

Trump dementierte am Mittwoch, sich um Zugang seiner Kinder zu streng gehüteten Staatsgeheimnissen zu bemühen. "Ich versuche nicht, eine Sicherheitsbefugnis auf höchster Stufe für meine Kinder zu bekommen", wies der Geschäftsmann am via Twitter entsprechende Medienberichte zurück. "Das war eine typisch falsche Nachrichtengeschichte."

Am Montag hatten mehrere Medien berichtet, Trump strebe einen solchen Status für seine Kinder Ivanka, Eric und Donald Jr. sowie seinen Schwiegersohn Jared Kushner an. Dadurch hätte er Angelegenheiten mit ihnen besprechen können, die von Bedeutung für die nationale Sicherheit sind. Alle vier spielten zentrale Beraterrollen während Trumps Wahlkampf. Laut Gesetz ist es dem Milliardär aber verboten, Familienmitglieder in seine Regierung zu berufen.

(APA/AFP)

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