Viele Erwerbstätige arbeiten sieben Tage durch

(c) Clemens Fabry
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Rund 258.000 Menschen haben in Österreich in ihrer Haupttätigkeit eine Siebentagewoche. Betroffen sind davon vor allem zwei Branchen: die Landwirtschaft und der Tourismus. Dies zeigt der jüngste Bericht der Statistik Austria.

Wien. In der Arbeitswelt ist für viele Österreicher die Sechs- und Siebentagewoche nichts Ungewöhnliches. Dies zeigt der 234 Seiten umfassende Bericht „Arbeitsorganisation und Arbeitszeitgestaltung“, den die Statistik Austria am Mittwoch veröffentlicht hat.

Konkret gab es im Vorjahr 4,148 Millionen Erwerbstätige (Selbstständige und Unselbstständige). Davon arbeiteten 564.000 Menschen in ihrer Haupttätigkeit regelmäßig sechs beziehungsweise sieben Tage in der Woche. Mit der Sechstagewoche sind konkret 306.000 Erwerbstätige konfrontiert. Zwei Drittel davon sind unselbstständig Beschäftigte und ein Drittel Selbstständige. Insbesondere in zwei Branchen ist die Sechstagewoche von Bedeutung – in der Beherbergung und Gastronomie sowie im Handel.

Etwas anders sieht die Situation bei jenen 258.000 Menschen (davon 119.400 Frauen) aus, für die in Österreich die Siebentagewoche gilt. Laut Statistik Austria gibt es zwei Branchen, in denen in einem hohen Ausmaß sieben Tage pro Woche gearbeitet wird: Die Landwirtschaft, in der überwiegend Selbstständige und Mithelfende arbeiten, sowie die Beherbergung und Gastronomie. Es überrascht nicht, dass beide Branchen mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen haben.

Vergleichsdaten aus der Vergangenheit liegen nicht vor, da dies erstmals abgefragt wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein anderer Aspekt: Im Tourismus, wo die Sechs- beziehungsweise Siebentagewoche weitverbreitet ist, arbeiten viele Menschen aus dem Ausland. Der Anteil nicht österreichischer Beschäftigter im Tourismus liegt laut Statistik Austria bei rund 30 Prozent und ist damit knapp dreimal so hoch wie im Durchschnitt (13,4 Prozent).

Während Wirtschaft und Gewerkschaften um flexiblere Arbeitszeitmodelle streiten, zeigt der Bericht, dass in der Praxis schon eine hohe Flexibilität üblich ist. So werden knapp jeder dritte erwerbstätige Mann (29,4 Prozent) und rund jede fünfte Frau (21,6 Prozent) mindestens einmal pro Woche dazu aufgefordert, länger in der Arbeit zu bleiben oder früher zu beginnen. Betroffen sind hier vor allem Erwerbstätige in der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (34,5 Prozent) sowie Beschäftigte in Beherbergung und Gastronomie (32,3 Prozent).

Ein weiterer Aspekt bezüglich Flexibilität ist die Kontaktaufnahme außerhalb der Arbeitszeit. Knapp die Hälfte der Erwerbstätigen (44,9 Prozent) wird laut Statistik Austria zumindest einmal in zwei Monaten in der Freizeit bezüglich ihrer Arbeit kontaktiert. Wenig überraschend ist, dass dies vor allem auf Beschäftigte in folgenden Branchen zutrifft: Information und Kommunikation, Finanz- und Versicherungswesen, Grundstück- und Wohnungswesen sowie Kunst.

Offen bleibt allerdings bei dieser Erhebung, ob die Kontaktaufnahme außerhalb der Arbeitszeit in erster Linie vom Arbeitgeber oder von Kunden erfolgt.

Ein anderes Thema ist der Zeitdruck: 11,1 Prozent der befragten Erwerbstätigen arbeiten immer, weitere 28,2 Prozent häufig unter Zeitdruck. Spitzenreiter sind hier einmal mehr die Beherbergung und Gastronomie. Die Gründe für den Zeitdruck wurden nicht erhoben.

Viele Überstunden werden nicht bezahlt

Ein eigenes Kapitel sind die Überstunden. 671.800 unselbstständig Erwerbstätige leisten regelmäßig Überstunden. Doch 17 Prozent dieser Überstunden werden nicht bezahlt. Insgesamt haben 15 Prozent aller Unselbständigen eine Sonderregelung zu Überstunden im Arbeitsvertrag. Das sind 541.000 Personen. Dabei überwiegen der All-in-Vertrag (284.000 Personen) und eine Überstundenpauschale (216.000).

Für die Erhebung hat die Statistik Austria im Rahmen des Mikrozensus 10.791 Personen befragt. Die Daten wurden dann auf die Bevölkerungszahl hochgerechnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2016)

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