Auch Trump wird die Kohle nicht retten

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Selbst wenn der US-Präsident alle Horrorvisionen der Klimaschützer wahr werden lässt, wird er die globale Energiewelt nicht aus den Angeln heben.

Wien. Donald Trumps Skepsis, den Klimawandel betreffend, und seine feindliche Haltung gegenüber erneuerbaren Energieträgern sind bekannt. Auf die Frage, welche konkreten Auswirkungen seine Sichtweise haben könnten, werden die Prognosen jedoch schon deutlich dünner. Einen ersten Vorgeschmack darauf, wie die Energiewelt unter einem US-Präsidenten Trump aussehen könnte, liefern die Statistiker der Internationalen Energieagentur (IEA), der Energie-Thinktank der reicheren Industriestaaten.

Der Republikaner selbst wird im aktuellen „World Energy Outlook“ der IEA zwar mit keinem Wort erwähnt. Allerdings bieten die Studienautoren drei Szenarien für die Zukunft an – und eines davon kommt dem, was Trump angekündigt hat, schon ziemlich nahe. Die USA würden demnach keine ernsthaften Anstrengungen mehr unternehmen, die Verpflichtungen des Pariser Klimaschutzabkommens zu erfüllen. Maßgebliche nationale Regelungen von Barack Obama würden revidiert – und dennoch: Selbst in diesem Extremszenario würde es Donald Trump und den USA nicht gelingen, die grundsätzliche Entwicklung auf den globalen Energiemärkten umzukehren, heißt es.

US-Erdgas gewinnt mit Donald Trump

Der Republikaner hat zwar prinzipiell die Möglichkeit, die versprochene Renaissance der Kohle in Amerika einzuleiten. Er könnte etwa Obamas Clean-Power-Plan, der den Einsatz von Kohle bei der Stromerzeugung zurückdrängen soll, wieder stoppen, sagt der Wifo-Ökonom Stefan Schleicher. Einfach werde das allerdings nicht. In jedem Fall habe Trump ein Argument gegen sich, das er gut verstehen sollte: ein wirtschaftliches. Schon heute hat das relativ günstige Schiefergas in den USA begonnen, die Kohle zu verdrängen. „Dieser Prozess ist nicht umkehrbar“, so Schleicher.

Eine ganz ähnliche Schlussfolgerung ziehen auch die Experten der IEA. Selbst in dem Szenario, in dem die Industriestaaten – allen voran die USA – herzlich wenig tun, um den Klimawandel einzudämmen, werde der Anteil von Kohle am amerikanischen Energiemix bis 2040 um ein Fünftel fallen. Halb so schnell wie unter normalen Umständen, aber dennoch. Der größte Nutznießer wäre in diesem Fall Erdgas, dessen Anteil im selben Zeitraum um 56 statt 27 Prozent steigen würde. Wind- und Solarenergie stiegen fast unbeirrt weiter. Selbst die CO2-Emissionen der USA würden bis 2040 immerhin um zehn Prozent fallen. Für das Zwei-Grad-Ziel wäre freilich ein Minus von 67 Prozent notwendig.

Wie wird sich dieses nunmehr sehr wahrscheinliche Szenario in den USA auf den Rest der Welt auswirken? China hat seine Abkehr von der Kohle bereits eingeleitet, während Indien weiter am schmutzigsten Energieträger festhält. Für die IEA steht fest, dass Kohle auch global in den kommenden 25 Jahren der große Verlierer sein wird. Einzig in Asien dürfte sich der Energieträger noch etwas länger halten. Denn hier müsste sich der Kohlepreis schon verdoppeln, damit Gaskraftwerke zumindest 2025 wirtschaftlicher sein können als Kohlekraftwerke.

Keine Welt ohne Erdöl in Sicht

Wind- und Solarenergie werde zwar die größten Zuwächse verzeichnen, doch das „fossile Zeitalter ist noch lang nicht vorbei“, sagte IEA-Chef Fatih Birol. Der weltweite Energiebedarf werde bis 2030 um 30 Prozent steigen. 44 Billionen US-Dollar müssten investiert werden, um die Nachfrage zu stillen. 60 Prozent davon im fossilen Bereich. Denn selbst wenn die Staaten all ihre Klimaverpflichtungen einhalten würden, werde der Ölbedarf der Welt bis 2040 konstant steigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2016)

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