Für Patientenanwalt ist Ärzteprotest "vollkommen überzogen"

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Handelt die Ärztekammer mit ihrem Protest im Interesse der Patienten? Sicher nicht, sagt Patientenanwalt Bachinger. Der neue Weg sei notwendig.

Patientenanwalt Gerald Bachinger hält die Kritik der Ärztekammer an der Gesundheitsreform für nicht gerechtfertigt und die angekündigten Proteste für "vollkommen überzogen". Die Pläne der Politik sind für ihn der "richtige Ansatz".

Bachinger hat "ein deja vu-Erlebnis". Es habe in den letzten Jahren keinen Versuch einer Gesundheitsreform gegeben, gegen den die Ärztekammer nicht Feuer geschrien hätte, meinte der Sprecher der Patientenanwälte am Donnerstag. Die Schärfe, in der das jetzt mit Drohungen mit Generalstreik, Volksbegehren und Kündigung des Gesamtvertrages geschehe, habe man aber bisher noch nicht gekannt.

Die Ärztekammer habe bisher durchaus erfolgreich Initiativen verhindert. Daraus habe die Gesundheitspolitik nun offenbar gelernt und versuche, die starke Position der Ärztekammer zumindest ein bisschen zurückzudrängen. Aus der Sicht der Patientenversorgung hält Bachinger diesen neuen Weg für "absolut notwendig".

"Null Legitimität für die Patienten zu sprechen"

Dass die Ärztekammer behauptet, im Interesse der Patienten zu agieren, weist Bachinger zurück. Die Ärztekammer habe "null Legitimität für die Patienten zu sprechen", sie sei die Interessensvertretung der Ärzte. Auch für die geäußerte Befürchtung, dass es zu Verschlechterungen für die Patienten kommen könnte, sieht der Patientenanwalt "keinen Ansatzpunkt". Ganz im Gegenteil erwartet er sogar Verbesserungen.

Das geplante Primärversorgungs-Modell hält Bachinger für gut. Das vom Gesundheitsministerium angestrebte Gesetz dafür wäre seiner Ansicht nach zwar nicht notwendig, die vereinbarte Anschubfinanzierung von insgesamt 200 Millionen Euro sei aber "ein positive Signal". Dieses Modell über finanzielle Anreize zu fördern ist für Bachinger "der richtige Ansatz".

"Vollkommen überheblich"

Dass die Ärztekammer beklagt, man würde auf die medizinisch Kompetenz verzichten, weil sie in der Planungsgesellschaft nicht vertreten ist, ist für den Patientenanwalt "vollkommen überheblich". Medizinische Kompetenz gebe es auch außerhalb der Ärztekammer. Außerdem weist Bachinger die Darstellung zurück, dass die Ärztekammer vollkommen aus den Planungsentscheidungen hinausgedrängt würde. Die Stellenpläne verhandle die Ärztekammer weiterhin mit den Sozialversicherungen. Neu sei aber ein "Ausstiegsszenario". Wenn sich Ärztekammer und Sozialversicherung nicht über einen Gesamtvertrag einigen können, gebe es jetzt die Möglichkeit zu Einzelverträgen. Das hält Bachinger auch für "sehr richtig und gut".

Die Behauptung, dass künftig Hedgefonds im Gesundheitswesen versuchen könnten, Geld zu verdienen, bezeichnet Bachinger als "standespolitischen Unfug". Es gebe jetzt bereits Ambulatorien, aber noch keine Großinvestoren hätten versucht, damit viel Geld zu verdienen.

(APA)

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