Die Zahl der Asylanträge von Türken ist von 17 Anträgen im Mai auf 175 im Oktober explodiert. Auch Deutschland rechnet mit mehr türkischen Flüchtlingen.
Immer mehr Türken suchen in Belgien um politisches Asyl an. Laut dem Sender RTL-BE habe es im Mai des Jahres nur 17 Anträge gegeben, im Oktober seien sie auf 175 Asylansuchen explodiert. Dies seien erstmals auch wesentlich mehr Anträge auf Asyl als von Afghanen und Irakern gestellt würden.
Am Donnerstag kam es in Brüssel auch zu einer Demonstration türkischer Oppositioneller und Kurden gegen die Politik von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Dabei sei es zu Auseinandersetzungen zwischen militanten Türken und Demonstrationsteilnehmern gekommen. An der Kundgebung mit über 2500 Personen hatten sich auch Kurden aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden beteiligt, berichteten belgische Medien.
Zuvor hatte Belgiens Premier Charles Michel Vorwürfe Erdogans scharf zurückgewiesen, wonach das EU-Land ein wichtiges Zentrum für die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK sei. Michel nannte die Aussagen Erdogans "erlogen" und "diffamierend" sowie "absurd".
Mehr Intellektuelle und Unternehmer fliehen
Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) rechnet aufgrund der Repressionspolitik der türkischen Regierung mit einer wachsenden Zahl von türkischen Flüchtlingen in Deutschland. "Ich gehe davon aus, dass die Zahl in den nächsten Monaten weiter steigen wird", sagte der TGD-Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu den Zeitungen "Heilbronner Stimme" und "Mannheimer Morgen" vom Donnerstag.
Gerade Intellektuelle hätten derzeit "in der Türkei keine Möglichkeit mehr, sich zu artikulieren", sagte Sofuoglu. Er äußerte zudem die Erwartung, dass auch türkische Unternehmer die Türkei verlassen werden, die entweder der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen nahe stehen oder laizistisch geprägt seien. "Ich kann nachvollziehen, dass viele von ihnen ins Ausland fliehen", sagte Sofuoglu.
Die Gülen-Bewegung wird von der türkischen Regierung für den gescheiterten Militärputsch vom Juli verantwortlich gemacht und mit aller Härte verfolgt. Gülen selbst, der in den USA lebt, weist allerdings jede Verantwortung für den Putschversuch zurück. In der Türkei wurden seit Juli mehr als 30.000 Menschen festgenommen und zehntausende Mitarbeiter des Staatsdienstes entlassen. Verfolgt werden auch Journalisten sowie Abgeordnete der prokurdischen Oppositionspartei HDP, letzteres unabhängig von dem Putschversuch.
Steinmeier stellt Arbeitsmöglichkeiten in Aussicht
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl sagte den beiden Zeitungen, bis Ende Oktober hätten allein in seinem Bundesland 568 türkische Staatsbürger Asyl beantragt. Dies seien mehr als im Gesamtjahr 2015.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte vergangene Woche im Rahmen eines Maßnahmenpakets verfolgten türkischen Wissenschaftlern, Kulturschaffenden und Journalisten Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland in Aussicht gestellt. Das Paket zur Stärkung der türkischen Zivilgesellschaft sieht zudem vor, den deutsch-türkischen Jugendaustausch zu intensivieren, "Orte der Zivilgesellschaft" in den türkischen Städten Diyarbakir, Gaziantep und Izmir aufzubauen sowie unabhängige journalistische Online-Angebote in türkischer Sprache zu unterstützen.
(APA/dpa)