Renzi buhlt um Italiener im Ausland

Italian Prime Minister Renzi speaks during a news conference at Palazzo Chigi in Rome
Italian Prime Minister Renzi speaks during a news conference at Palazzo Chigi in Rome(c) REUTERS (Stefano Rellandini)
  • Drucken

Italiens Premier kämpft für ein Ja beim Referendum.

Rom. In Italien kämpft Premier Matteo Renzi darum, dass das Volk in einem Referendum am 4. Dezember seine Verfassungsänderungen absegnet. „Basta un si“ lautet der Slogan der Befürworter schlicht – „Es reicht ein Ja“. Es reicht aber nicht, entschied das Renzi-Team, nur die Bürger im Inland auf seine Seite zu ziehen. Und so verschickte die Si-Truppe etwas Werbung in eigener Sache an die rund 4,8 Millionen im Ausland lebenden Italiener. Renzi ruft ihnen auch zu: „Es reicht ein Ja!“ – es wurde sogar eigens eine Internetseite eingerichtet: www.bastaunsi.it.

Nun ist in der Hektik, oder auf dem Weg ins weite Ausland, eines auf der Strecke geblieben: das N. So werden die Wähler in der Ferne auf die Internetseite www.bastausi.it verwiesen. Der Fehler ist bereits erkannt und behoben: Gibt jemand die falsche Webadresse ein, wird er doch auf die Kampagnenseite der Befürworter der Verfassungsänderungen weitergeleitet. Man hat kurzerhand diese Domain gekauft und eine Umleitung eingerichtet.

Renzi droht mit Rücktritt

„Es reicht“ sagen nun auch die Gegner der Verfassungsänderung, die ebenfalls seit Wochen unterwegs sind und darum kämpfen, das Zweikammersystem beizubehalten und die geplante Zentralisierung der Politik zu verhindern. Wenn die regierenden Linksdemokraten die Adressen der Auslandsitaliener für ihre Wahlwerbung nutzen, möchte das natürlich auch die Gegenseite für ihr Anliegen tun dürfen. Es ist allen voran die auf Transparenz pochende Fünf-Sterne-Bewegung um den Ex-Komiker Beppe Grillo, die deshalb – wieder einmal – auf die Wahlkampfbarrikaden geht.

Es wird knapp. Umfragen sehen mal das eine mal das andere Lager vorn. Ob es tatsächlich reicht, mit Adressen der im Ausland lebenden Italiener um die eigene Sache zu werben, wird sich zeigen. Renzi betonte jedenfalls gestern erneut, bei einer Niederlage zurücktreten zu wollen. Er stünde dann auch nicht mehr für eine Übergangsregierung zur Verfügung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Renzi und Berlusconi
Außenpolitik

Berlusconi lobt Renzi: "Er ist ein Leader"

Der angeschlagene italienische Premier ist nicht besonders erfreut über das Lob des Multimilliardärs.
Italian Prime Minister Renzi speaks during a news conference at Palazzo Chigi in Rome
Außenpolitik

Italien: Renzi will bei Referendumsschlappe gehen

Der Premier droht erneut mit Rücktritt, sollte beim Referendum seine Verfassungsreform abgelehnt werden. In der EU wächst die Angst vor einer Machtübernahme euroskeptischer Kräfte in Rom.
U.S. President-elect Donald Trump speaks at election night rally in Manhattan
US-Wahl

Die Erfolgsrezepte von Trump & Co.

Einfache Sprache, Antiglobalisierungsstimmung, Aufstand gegen Political Correctness: Warum es Rechtspopulisten von den USA bis Europa gelingt, die Massen gegen das Establishment zu mobilisieren.
Beppe Grillo
US-Wahl

Beppe Grillo: „Denkzettel für schimmlige Demokratien“

Beppe Grillo, Komiker und erfolgreichster Politiker Italiens, über Gemeinsamkeiten mit Trump, Italiens Euroaustritt und die Stärkung des Nationalstaates.
FILES-US-VOTE-BUSINESS-LITIGATION-TRUMP
Leitartikel

Wir wundern uns schon, was alles möglich ist

Wir erleben offenbar den Beginn der postdemokratischen Ära. Wähler stimmen für Kandidaten, die das funktionierende politische System sprengen wollen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.