Ticketsteuer wird in Raten halbiert

MINISTERRAT: LEICHTFRIED
MINISTERRAT: LEICHTFRIED(c) APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Nach Jahren heftiger Kritik von Airlines, Flughäfen und Touristikern reagiert die Regierung. Nutznießer sind die Passagiere, weil sich die Tickets verbilligen.

Wien. Es ist wie ein nicht mehr erwartetes, doch umso erfreulicheres Weihnachtsgeschenk: Jahrelang liefen Fluglinien, Flughäfen und Touristiker gegen die 2011 eingeführte Ticketsteuer Sturm. Ihr schlagkräftiges Argument, dass die Abgabe dem Standort Österreich mehr schade als sie bringe, versickerte jedoch in den klammen Kassen des Staates. Jetzt haben Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) und ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling einen Kursschwenk vollzogen: Am Dienstag wird der Ministerrat die Halbierung der Abgabe in zwei Schritten 2017 und 2018 beschließen.

Die AUA, mit 40 Mio. Euro Hauptbetroffener der Abgabe, die im Vorjahr 105 Mio. Euro ins Budget spülte, hat sich zwar die totale Abschaffung erwartet. „Aber es ist der richtige Schritt in die richtige Richtung“, sagt AUA-Sprecher Peter Thier zur „Presse“. Auch vom Flughafen Wien kam eine positive Reaktion. „Der Flugverkehr ist einer der wichtigsten langfristigen Wachstumsfaktoren für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Österreich, und eine Reduktion der Flugabgabe würde die internationale Wettbewerbsfähigkeit stark verbessern. Das dadurch ausgelöste Wachstum wird zu zusätzlichen Steuereinnahmen führen“, betonten die Vorstände Julian Jäger und Günther Ofner.

„Die Einführung der Flugabgabe war von Anfang an ein Fehler“, meint die Präsidentin der Hoteliersvereinigung, Michaela Reitterer. Die Halbierung wertet sie als klares Zeichen, dass sich diese Erkenntnis durchsetzt. Das Argument von Umweltschützern lässt Reitterer nicht gelten: „Wegen der Flugabgabe fliegen nicht viel weniger Maschinen. Sie fliegen entweder nur woanders oder sind weniger voll und wir lassen Wertschöpfung liegen. Die Touristen geben ihr Geld dann anderswo aus und uns fehlen die internationalen Gäste und ihre Ausgaben. Die Verlierer sind die Steuerzahler.“

Ticketpreise werden sinken

In der Tat profitieren die Reisenden am meisten, weil sich die Reduktion 1:1 in den Ticketpreisen widerspiegeln wird. Aber auch für die Airlines selbst ist es eine Entlastung, weil sie aus Konkurrenzgründen die Steuer nicht ganz auf den Ticketpreis aufgeschlagen haben – der Grundpreis wurde niedriger gehalten. Derzeit beträgt die Abgabe auf der Kurzstrecke sieben, der Mittelstrecke 15 und der Langstrecke 35 Euro. Bei einem günstigen Ticket von Wien nach New York macht die Ticketsteuer schon einmal zehn Prozent aus.

Hinter der Steuerreduktion steckt ein „Gegengeschäft“, von dem allerdings alle Beteiligten – und vor allem der Standort – profitieren: Die AUA-Mutter Lufthansa baut hierzulande aus. Wobei die Expansion noch kräftiger ausfällt als im September von Konzernchef Carsten Spohr und AUA-Boss Kay Kratky bei einem Treffen mit Schelling zugesagt. Das heißt: Die AUA bekommt von der Lufthansa zwei Airbus-A320-Maschinen, eine im November und eine im Dezember. Das macht – zusätzlich zu den 100 neuen Piloten- und Flugbegleiter-Jobs, die Lücken gefüllt haben, weitere 100 Arbeitsplätze. Für den nächsten Langstreckenjet (Boeing 777), der Anfang 2018 in Dienst gestellt wird, braucht und sucht die AUA weitere 140 Mitarbeiter.

Darüber hinaus gibt es schon eine Absichtserklärung, dass von den 40 Fliegern, die die Lufthansa von der maroden Air Berlin übernimmt, fünf inklusive Besatzung bei der AUA eingesetzt werden. Das macht nochmals 300 Beschäftigte. Weitere drei Air-Berlin-Flugzeuge sollen ab Wien von der Lufthansa-Billigtochter Eurowings eingesetzt werden. Sie betreibt seit heuer drei Maschinen ab Wien und hat hier den flugrechtlichen Sitz.

Spohr investiert hierzulande aber nicht aus reiner Liebe zu Österreich: Die AUA hat mit dem neuen Bordkollektivvertrag die günstigste Kostenstruktur im Lufthansa-Konzern.

AUF EINEN BLICK

Die 2011 eingeführte Ticketsteuer soll in zwei Schritten 2017 und 2018 gesenkt werden. Sie beträgt derzeit sieben Euro auf der Kurz-, 15 Euro auf der Mittel- und 35 Euro auf der Langstrecke. Die Reduktion wird sich direkt in günstigeren Tickets niederschlagen, heißt es bei der AUA, die im Gegenzug kräftig expandiert und mehrere 100 Arbeitsplätze schafft. Im Vorjahr flossen 105 Mio. Euro an Ticketsteuer ins Budget.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

THEMENBILD: AUSTRIAN AIRLINES (AUA)
Österreich

Ticketsteuer wird bis 2018 halbiert

Die Regierung soll die Reduktion nächste Woche beschließen. Zur Zeit bringt diese Abgabe dem Staat jährlich 100 Millionen. Airlines und auch die Tourismusbranche applaudieren.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.