Wahlkampfstil à la Trump in Österreich?

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Das US-Wahlwerben war von Diffamierungen und Verleumdungen geprägt. Alexander Van der Bellens Team bezichtigt die FPÖ nun ähnlicher Methoden.

Wien. „Es gibt zumindest Vermutungen, dass seine Eltern (Alexander Van der Bellens; Anm.) zumindest geliebäugelt haben mit den Nazis.“ Die Frau, die über derartige „Vermutungen“ spricht, ist zwar lediglich Kommunalpolitikerin, noch nicht einmal der ersten Reihe. Ursula Stenzel bekleidet für die Wiener FPÖ das schwer verstehbare Amt der nicht amtsführenden Stadträtin – aber sie war bei der Präsentation Norbert Hofers als Präsidentschaftskandidatin neben Parteichef Heinz-Christian Strache mit dabei. Und immerhin hatte dieser, was heute fast vergessen ist, sogar mit der Kür Stenzels geliebäugelt.

Lothar Lockl, Wahlkampfmanager des früheren grünen Bundeschefs Van der Bellen, sieht in dieser Aussage und in anderen einen neuen Tiefpunkt erreicht. Lockl am Sonntag im Gespräch mit der „Presse“ zu der jüngsten Bemerkung Stenzels: „Das ist ein Wahlkampf unter der Gürtellinie. Das ist erstunken und erlogen. Sie sagt das wider besseres Wissen über Menschen, die sich nicht mehr wehren können.“

Die FPÖ Kapfenberg wiederum verbreite in den sozialen Medien ein Foto Van der Bellens mit Hund und zeige daneben Bilder Adolf Hitlers gleichfalls mit Hund. Und Parteichef Strache publiziere ein Foto Van der Bellens mit der Bemerkung, dieser vergesse „offensichtlich bereits“, so wörtlich im Facebook-Eintrag, sich eine Seite des Oberlippenbartes zu rasieren, und dem Nachsatz: „Was vergisst er noch?“ Nach Kritik habe Strache ein P. S. hinzugefügt, das vermeintliche Fehlen einer Bartseite könne an der schlechten Bildauflösung liegen.

Lockl sieht eine Häufung derartiger Vorfälle seit Donald Trumps Wahlsieg in den USA im Rennen um die Präsidentschaft. Derartige Aktivitäten zielten darauf ab, Wut und Hass zu schüren und das politische Klima zu vergiften. Der Wahlkampfmanager Van der Bellens: „Das sind Methoden, die Herr Trump möglicherweise im Wahlkampf verwendet hat, die sollten aber in Österreich keinen Platz haben.“

Hofer selbst ortete am Sonntag im Wohlfahrtssystem ein Hindernis für die Integration: „Wenn jemand nach Österreich kommt und nicht ins Berufsleben einsteigt, weil es von Beginn weg das Modell der Mindestsicherung und Kinderbetreuungsgeld gibt, dann entstehen Parallelgesellschaften.“ Daher dürfe man jenen, die nach Österreich zuwandern, derartige Transferleistungen erst nach einigen Jahren der Berufstätigkeit gewähren. „Es gibt natürlich Menschen, die wegen der Mindestsicherung kommen“, so Hofer. Es gelte, einem „radikalen Zuwanderungsislamismus“ etwas entgegenzusetzen.

Auch Asylberechtigten will der FPÖ-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten die Mindestsicherung erst nach einigen Jahren gewähren. Sie sollten jedoch in der Grundversorgung bleiben und darüber hinaus ihren Lebensunterhalt durch ihren Beruf bestreiten.

Hofers Drohung an die Regierung

Hofer stellt in Abrede, seine Drohung relativiert zu haben, nach einem Erfolg bei der Wahl in knapp zwei Wochen als Bundespräsident die Regierung gegebenenfalls auch zu entlassen. Er habe seine Aussagen nicht relativiert und bleibe dabei: Wenn die Regierung beispielsweise keine Maßnahmen gegen die Flüchtlingswelle setzen würde wie im Vorjahr, hätte er als Staatsoberhaupt reagiert. Der Dritte Nationalratspräsident erklärte, die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) habe schon vor dem Ansturm an die österreichischen Grenzen ihre Regierungskollegen informiert und gewarnt. Die Koalition habe es aber verabsäumt, Maßnahmen zu setzen, so Hofer.

Dieses Vorgehen sei „schwer unverantwortlich“ gewesen. Und der FPÖ-Kandidat weiter: „Das war ein schwerer Rechtsbruch, ein schwerster politischer Fehler, und in dieser Phase hätte ich die Regierung entlassen, wenn sie gesagt hätte, wir setzen alle diese notwendigen Maßnahmen nicht um.“ Dies sei grundsätzlich geboten, wenn die Regierung Gesetze breche und Österreich Schaden zufüge. Aktuell gebe es jedoch keine Notwendigkeit für einen derartigen Schritt, schränkte Hofer ein. Er rechne ohnedies mit dem baldigen Zerbrechen der Koalition. Und mit Neuwahlen im Mai. (d. n./APA).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Schmutziger Wahlkampf  wird "auf Stellvertreterebene verlagert"
Politik

Schmutziger Wahlkampf wird "auf Stellvertreterebene verlagert"

Die Hofburg-Kandidaten versuchten sich derzeit aus Untergriffigkeiten herauszuhalten, sagt Politberater Hofer. Soziale Netzwerke seien "brandbeschleunigend".
Am Ende noch ein Islam-Wahlkampf?
Politik

Am Ende noch ein Islam-Wahlkampf?

Hofer warnt im TV-Duell vor "radikalem Zuwanderungsislamismus“. Van der Bellen kritisiert Stenzels Nazi-Vorwürfe gegen seinen Vater.
BP-WAHL: PULS 4-DISKUSSION ´WER WIRD PR�SIDENT-DAS DUELL´ VAN DER BELLEN/HOFER
Medien

Bis zu 475.000 verfolgten Hofburg-Duell auf Puls 4

Das TV-Duell der beiden Präsidentschaftskandidaten Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer erreichte ähnlich viele Menschen wie jenes vor der Stichwahl im Mai.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.