Dem ORF fehlen im nächsten Jahr 42 Millionen Euro, die Neos wollen die Gebühren abschaffen. Auch die „Krone“ kampagnisiert gegen eine Gebührenerhöhung.
Zwei Mal hintereinander titelte die „Kronen Zeitung“ am Wochenende mit einer Anti-ORF-Schlagzeile. „ORF kommt uns immer teurer“, hieß es am Freitag auf Seite eins des Blattes, „Politik setzt ORF unter Druck“ am Samstag. Zeitpunkt und Vehemenz dieser offensichtlichen Kampagne kommen für manche Beobachter überraschend. Am Donnerstag tagte zwar der ORF-Stiftungsrat, doch das Budget für das Jahr 2017 stand nicht einmal auf der Tagesordnung – es wird erst in der Dezembersitzung besprochen.
Freilich ist schon länger klar, dass dem ORF im nächsten Jahr 42 Millionen Euro fehlen werden. Und dass die Budgetlücke nur mit massiven Einsparungen bei Programm (angeblich fünf Millionen Euro) und Personal zu schließen sein wird – oder mit einer Erhöhung oder Anpassung der Gebühren, die ORF-Chef Alexander Wrabetz noch nicht ganz abgeschrieben hat. Dass die Mediensprecher der Bundesregierung, Thomas Drozda (SPÖ) und Werner Amon (ÖVP), dieser skeptisch gegenüberstehen, ist keine Neuigkeit. Sie haben ihre Positionen seit der dritten Bestellung von Wrabetz im vergangenen August nicht geändert. Sonderbar, dass die „Krone“ ausgerechnet jetzt wieder darüber schreibt, dass der ORF durch die Regierung „unter Druck“ komme. Das Budgetloch würde zudem zeigen, wie sehr der bisherige ORF-Finanzchef, Richard Grasl, dem Sender fehle. Dieser unterlag Wrabetz bei der Generalsbestellung, verließ den ORF Ende Oktober vorzeitig und berät nun die Mediaprint, an der auch die „Krone“ beteiligt ist, in Video-Angelegenheiten.
Neos wollen „GIS abdrehen“
Ein rauer Wind weht den Verantwortlichen auf dem Küniglberg aber auch aus den Reihen der Opposition entgegen. Die Neos haben am Montag ihren Standpunkt bekräftigt. Parteichef Matthias Strolz und Mediensprecher Niko Alm traten bei einer Pressekonferenz neuerlich für die Abschaffung der ORF-Gebühren ein. Zur Erinnerung: Der ORF bekommt jährlich rund 600 Millionen Euro allein durch die Gebühren der beitragspflichtigen Österreicher. Die Neos wollen nun unter dem Motto „GIS abdrehen“ mindestens 50.000 Unterschriften sammeln. Der ORF solle nur mehr durch eine Medienförderung aus dem Bundesbudget finanziert werden. Generell ist Strolz der Meinung, man könne das ORF-Budget nicht „per Knopfdruck erhöhen“. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wieso die Länder bei den ORF-Gebühren mitschneiden. Nach wie vor geht ein Teil der eingehobenen Gebühr direkt als Landesabgabe an die Bundesländerverwaltung. Strolz und Alm zweifeln aber den ORF als öffentlich-rechtliche Institution nicht an, wie sie sagen. „Wir sind weit weg von ,Ratzfatz, alles soll der Markt regeln‘.“ Es sei sinnvoll, öffentliches Geld für Mehrwert zu verwenden.
Medienminister Drozda bleibt bei seiner skeptischen Haltung gegenüber einer Gebührenerhöhung, verweist aber auf die ORF-Enquete, zu der er im Frühjahr laden will. Dort soll nicht nur über die Finanzierung des ORF, sondern auch über eine Reform der Aufsichtsgremien und über den Programmauftrag diskutiert werden, erst danach sollen Entscheidungen zu allen Bereichen fallen. ÖVP-Generalsekretär Werner Amon wiederum will, dass künftig nicht der Stiftungsrat, sondern der Nationalrat über die Höhe der ORF-Gebühr entscheidet.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2016)