In der Smolensk-Affäre wurde die dritte Leiche auf einen möglichen Anschlagshintergrund untersucht.
Warschau. Ungewöhnlicher Anblick auf dem Warschauer Ehrenfriedhof Powazki: Polizisten sperrten den Eingang zum Gräberfeld ab. Der Aufmarsch galt dem 2010 beim Flugzeugabsturz von Smolensk getöteten Stefan Melak, einem früheren Dissidenten und langjährigen Kämpfer für das Andenken an die 1940 vom sowjetischen Geheimdienst NKWD in Katyn ermordeten rund 20.000 polnischen Offiziere.
Melaks sterbliche Überreste wurden in der Nacht auf Dienstag mehrere Stunden lang exhumiert und unter Polizeieskorte ins Gerichtsmedizinische Institut von Warschau überführt. Dort sollen sie in den nächsten Wochen vor allem auf mögliche Sprengstoffspuren untersucht werden. Die Leichenteile kommen dazu in den Tomografen, auch werden Gewebeproben entnommen.
Die polnische Staatsanwaltschaft erhofft sich daraus Hinweise auf die Absturzursache des Regierungsflugzeugs, das am 10. April 2010 beim Landeanflug auf den westrussischen Flughafen Smolensk im dichten Nebel zerschellt ist. Eine polnische und russische Untersuchungskommission sehen vor allem Pilotenfehler als Ursache für den Tod der 96 Passagiere an, doch die seit Jahresbeginn regierende nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) lässt diese Erklärung nicht gelten und spricht seit dem Unglück von einem russischen Attentat auf Staatspräsident Lech Kaczyński.
Prozess dauert bis Ende 2017
Dieser wurde zusammen mit seiner Ehegattin Maria bereits am vergangen Montag exhumiert und in der Nacht auf Samstag auf der Krakauer Königsburg Wawel im Beisein von Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczyński, Polens starkem Mann, wieder beigesetzt. Melaks Leiche ist die dritte von rund 80 Exhumierungen, die bis Ende 2017 dauern sollen. (flü)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)