Die türkische Regierung wirft Salih Muslim Beteiligung an einem Selbstmordattentat vor. Gegen insgesamt 48 Personen gibt es Haftbefehle.
Ankara/Wien. Die türkische Regierung hat Haftbefehl gegen Salih Muslim erlassen und somit den Kampf gegen die verbotene kurdische PKK auf Syrien ausgedehnt. Muslim ist Chef der syrischen Kurdenpartei PYD und ist zumindest ideologisch mit der PKK verlinkt. Neben Muslim erließ Ankara gegen 47 andere Personen – darunter auch PKK-Führern wie Cemil Bayık – ebenfalls Haftbefehl, ihnen werden Verbindungen zu einem Selbstmordanschlag in Ankara vorgeworfen, bei dem in der Nähe eines Militärkonvois 29 Menschen getötet wurden. Zu dem Anschlag bekannten sich die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK), die sich in den vergangenen zwei Jahren von der PKK abgespalten haben dürften. Die syrische PYD hat die Vorwürfe aus Ankara scharf zurückgewiesen.
Muslim ist beim Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) ein Verbündeter der USA und der internationalen Anti-IS-Koalition. Eine Konstellation, die Ankara stets verärgert hat. Kritiker befürchten, dass die türkische Regierung den Kampf gegen den IS vernachlässigt und sich hauptsächlich gegen die Kurden in der Türkei, im Irak und in Syrien stellt.
Gegen die in der Türkei gewählten Vertreter der linken, prokurdischen HDP geht Ankara weiterhin massiv vor. Die beiden Vorsitzenden der Partei, Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ, sowie eine Reihe von Abgeordneten sind Anfang November verhaftet worden, was international für Empörung sorgte. Die HDP-Fraktion hat als Protest ihre Teilnahme an den Plenardebatten im Parlament ausgesetzt. Am Dienstag schließlich gab die Partei bekannt, den Boykott beenden zu wollen. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)