Die Abstimmung über die EU-Türkei-Gespräche sei Ausdruck dafür, dass das Parlament "Terrororganisationen in Schutz" nehme, sagte der türkische Präsident.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan misst der bevorstehenden Abstimmung im EU-Parlament zu einem möglichen Einfrieren der Beitrittsgespräche mit seinem Land keinerlei Bedeutung bei. "Egal wie das Resultat ausfällt: Diese Abstimmung hat für uns keinen Wert", sagte Erdogan bei einer Wirtschaftskonferenz islamischer Staaten am Mittwoch in Istanbul.
"Alleine dass das Europaparlament sich an so eine Abstimmung macht, ist Ausdruck dafür, dass es Terrororganisationen in Schutz nimmt und sich an deren Seite stellt", sagte Erdogan. Er kritisierte erneut, die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK könne in der EU ungehindert agieren.
"Wir haben wiederholt klar gemacht, dass wir europäische Werte mehr als manche EU-Länder achten, aber wir haben keine konkrete Unterstützung von westlichen Freunden gesehen", sagte Erdogan. "Keines der Versprechen wurde gehalten."
Parlament will "vorübergehendes Einfrieren"
Die größten Fraktionen im Europaparlament haben sich darauf geeinigt, ein "vorübergehendes Einfrieren" der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei zu fordern. "Das heißt, wir hören auf, über offene Verhandlungskapitel zu sprechen, und öffnen keine neuen", sagte die Türkei-Berichterstatterin des Europaparlaments, Kati Piri.
Die EU-Kommission, die die Verhandlungen führt, ist nicht an die Aufforderung des Parlaments gebunden. Führt die Türkei die Todesstrafe wieder ein, sollen die Gespräche nach dem Resolutionsentwurf, über den am Donnerstag im Plenum abgestimmt wird, formal suspendiert werden. Im Gegensatz zum bloßen Einfrieren der Gespräche würde dies bedeuten, dass die Mitgliedstaaten einstimmig über eine Wiederaufnahme der Verhandlungen entscheiden müssten, sagte Piri. "Das käme einem Ende des Beitrittsprozesses gleich."
Sobald Ankara den Ausnahmezustand aufgehoben hat, wollen die Abgeordneten neu bewerten, ob das Land zu Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte zurückgekehrt ist.
Merkel gegen Kontakt-Abbruch
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan M Mittwoch erneut scharf kritisiert, sich erneut aber gegen einen Abbruch der Kontakte ausgesprochen.
Die Einschränkung der Pressefreiheit und die Verhaftung von Abertausenden von Menschen sei nicht zu rechtfertigen, sagte Merkel am Mittwoch in der sogenannten Generaldebatte über die Regierungspolitik im Bundestag. Zugleich werde sie aber dafür, den Gesprächsfaden mit der Regierung in der Türkei aufrecht zu erhalten.
Merkel begrüßte in diesem Zusammenhang die jüngste Reise von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in die Türkei. "Auch ich werde den Gesprächsfaden natürlich aufrecht erhalten mit der Türkei", sagte die Kanzlerin. Deutschland habe ein Interesse daran, mit der Türkei in einer vernünftigen Art und Weise zu kooperieren. "Das schließt aber nicht aus, dass das, was alarmierend zu sehen ist, klar angesprochen wird", sagte Merkel.
(APA/dpa/Reuters)