Politberater Hofer sieht in der gestrigen Diskussion zwischen dem Kanzler und dem FPÖ-Chef eine "massive Abkehr" von der bisherigen SPÖ-Linie. Das habe auch Auswirkungen auf die Hofburg-Wahl.
Die gestrige erste öffentliche Diskussion zwischen SP-Bundeskanzler Christian Kern und FP-Chef Heinz-Christian Strache im Ö1-"Klartext" stellt für den Politberater Thomas Hofer eine "massive Abkehr" von der bisherigen Linie der SPÖ dar. "Das war nicht wirklich ein Streitgespräch, sondern schon ein bisschen ein Kampfkuscheln", sagte Hofer am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal".
Der entscheidende Satz Kerns sei die Aussage gewesen, es gehe Strache auch nur darum, das Land voranzubringen. Der FP-Chef selbst sei sogar ein Stück weit überrascht gewesen von der Tonalität des Kanzlers in der Diskussion, analysierte der Experte.
Bisher sei klar gewesen, dass der SPÖ-Chef als "Anti-Strache" in den Wahlkampf einziehen werden müsse, erklärte Hofer. Nun müsse er sich anders positionieren. In der Partei werde der Auftritt erst einmal für Verwirrung sorgen. Der linke Flügel der SPÖ werde damit nicht zufrieden sein. Nun werde jedenfalls die Diskussion, ob Rot-Blau möglich ist, "heftig" losgehen.
"Van der Bellens Wahlkampflinie unterlaufen"
Hofer ortete auch Auswirkungen auf den laufenden Bundespräsidenten-Wahlkampf. Alexander Van der Bellens Hauptargument sei, dass mit dem Freiheitlichen Norbert Hofer an der Spitze ein "partieller Weltuntergang" drohe: "Das wird durch so einem Auftritt massiv unterlaufen."
Die Diskussion habe daher klar Hofer genutzt, "denn die Geschichte des Gottseibeiuns, der den Weltuntergang bringt, ist so nicht aufrecht zu halten."
Positive Reaktionen aus der SPÖ
Aus den Landesparteien kamen am Donnerstag positive Reaktionen auf Kerns Auftritt. Ja, es gebe gravierende Unterschiede zwischen den Parteien, aber auch eine Kultur der Auseinandersetzung, resümierte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser im Ö1-"Mittagsjournal". Auf Kaiser geht die Idee eines Kriterienkatalogs für künftige Koalitionspartner der SPÖ zurück, der gerade erarbeitet wird.
Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl betonte, die Wähler der verschiedenen Parteien wohnten Tür an Tür als Nachbarn, und auch die Chefs der politischen Parteien müssten ins Gespräch kommen. Seine Tiroler Kollegin Elisabeth Blanik lobte den Auftritt des Parteivorsitzenden ebenfalls als "professionell und richtig".
In der Frage einer rot-blauen Koalition wird dennoch Zurückhaltung geübt: "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer", sagte etwa Steidl. Und für die Wiener Stadträtin Sonja Wehsely ist Rot-Blau weiter "ein No-Go", auch wenn Kern die Diskussionsveranstaltung "hervorragend" über die Bühne gebracht habe.
Auch die Präsidentschaftskandidaten kommentierten die Diskussion wohlwollend. Hofer freute sich über "einen menschlichen Zugang" der beiden Parteichefs. Er hoffe, dass die "Ausgrenzungspolitik" ein Ende habe. Van der Bellen nannte es positiv, wenn man miteinander diskutieren könne. Dass ihm die Annäherung der beiden Parteichefs schaden könnte, wies er zurück: Bei der Wahl gehe es schließlich um die große Frage, in welche Richtung sich Österreich bewegen werde, vor allem in Bezug auf die EU.
(kron/APA)