Nach der Supermarktpleite vor einem Jahr wurde die erste Zielpunktfiliale in Wien wiedereröffnet. Weitere sollen folgen.
Wien. Es ist wie früher. Fast. Der ehemalige Zielpunkt in der Wallensteinstraße 3 nahe der Friedensbrücke heißt immer noch Zielpunkt – oder wieder. Er trägt dasselbe Logo. Die Einkaufswagen sind wie gewohnt orange-blau. Und auch viele Kunden sind nicht zum ersten Mal hier.
Und doch ist etwas anders: Die Regale sind nun ordentlich sortiert und prall gefüllt – etwas, das man beim alten Zielpunkt auch vor der Pleite im Herbst 2015 eigentlich nicht kannte. Auch das schmuddelige Image des ehemaligen Supermarktes ist weg: Am Eröffnungstag am Donnerstag war die Filiale herausgeputzt, die Böden zwischen den Regalen sauber, die Vitrinen glänzten – etwas, das vorher keine Selbstverständlichkeit war.
„Wos is des nur?“
Ein bisschen Skepsis liegt dann aber doch in den Blicken der ehemaligen Stammkunden. Denn neben jenen Markenprodukten, die auch bei Billa und Spar das Grundsortiment ausmachen, bietet der neue Zielpunkt wie angekündigt eine große Auswahl an „Ethnofood“. „Wos is des nur“, sagt ein alter Mann, der versucht, die russischen Schriftzüge auf den großen Gläsern mit eingelegtem Gemüse zu entziffern.
Schlussendlich entscheidet er sich für ein Glas mit Borschtsch, eine russische Rote-Rüben-Suppe, und für eine riesige eingelegte Gurken. Zwei Studentinnen schaufeln in der Asia-Ecke bergeweise chinesische Packerlsuppen, Kokosmilch und Currysaucen in den Einkaufswagen. „Ich steh so auf das Zeug, bisher hat es das nur in Asia-Supermärkten gegeben. Und da ist in der Brigittenau keiner in der Nähe“, sagt Andrea. Und bei der Fleischtheke bestellen zwei ältere Frauen zwei der vielen geräucherten Fische – und kaufen noch ein Kilo Kalbfleisch für 16,99 Euro. „Weil es so billig ist.“ Auch das ist neu bei Zielpunkt: Die Preise sind vor allem bei Fleisch, Gemüse und Obst, aber auch bei vielen Markenprodukten niedriger als zuvor – die Auswahl mit 10.000 Produkten ist aber deutlich größer.
Dreimonatiger Test
Die neuen Besitzer, Manuela und Ramas Atanelov, zeigen sich bei der Eröffnung der Testfiliale nervös, aber zufrieden. Sie soll nun drei Monate betrieben und bei Bedarf adaptiert werden – dann wollen die Atanelovs Zielpunkt wieder zu einer echten Supermarktkette wachsen lassen. Zuerst nur in Wien, danach ist eine Expansion in ganz Österreich geplant. Die beiden sind seit Jahrzehnten im Großhandel tätig. Nachdem das Unternehmen im Herbst 2015 pleite gegangen war, sicherten sie sich die Markenrechte für Zielpunkt aus der Konkursmasse.
Österreichweit wurden damals 2700 Mitarbeiter in 229 Filialen von einem Tag auf den anderen Arbeitslos. In Wien betrieb die Supermarktkette 126 Filialen – einige der alten Mitarbeiter haben hier nun wieder einen Job.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25. November 2016)