Die Irrläufe der Bayern

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Beim FC Bayern herrscht Krisenstimmung. Just vor der Wiederwahl von Uli Hoeneß als Klubpräsident stellt das 2:3 in Rostow Trainer, sehr müde Stars und das System infrage.

Rostow am Don. Fußballer erwischen manchmal einen rabenschwarzen Arbeitstag. Zumeist unterläuft so eine Fehlerorgie aber just zu Zeitpunkten, in denen es ohnehin gerade ziemlich schwierig ist. Für den Klub, weil die gewohnten und eigentlich erwarteten Siege ausbleiben, zuvor die Tabellenführung in der Liga und nun als Draufgabe noch der Gruppensieg in der Champions League verspielt worden ist. Und für den Profi, weil er ohnehin stets im Blickpunkt steht als Nationalspieler, in diesem Fall Bayern-Star ist. Und, es wird doppelt bitter, wenn weit und breit kein anderer mehr übrig bleibt, um ins Kreuzfeuer der Kritik zu geraten.

An einem persönlich völlig missglückten Fußballabend musste Jérôme Boateng nach der enttäuschenden 2:3-Niederlage gegen den russischen Außenseiter Rostow einen doch erstaunlich harten Tadel seines Chefs einstecken. Karl-Heinz Rummenigge ermahnte den Weltmeister dazu, sich wieder mehr auf seinen Job beim FC Bayern zu konzentrieren. „Jérôme muss wieder mehr zur Ruhe kommen. Seit dem Sommer ist mir das ein bisschen zu viel“, grantelte Rummenigge mit einem unausgesprochenen Verweis auf Boatengs auffällige Aktivitäten abseits des Platzes. „Es wäre im seinem Sinn und dem des ganzen Klubs, wenn er ,back to earth‘ kommt!“

Zu viele Ausflüge

PR-Ausflüge diverser Bayern-Spieler sind nichts Neues, zuletzt kamen sie bei Boateng aber zu oft vor, laut Rummenigge. Besuche bei Jay-Z in New York, Brillen-Shootings dort, ein Termin in Berlin da anstatt eine Verletzung ausheilen zu lassen. Im Klub tolerierte man es, solange Leistung und Ergebnisse stimmten. Doch nach zwei Pflichtspielniederlagen in Serie herrscht beim FC Bayern immer Krisenstimmung.

Ancelotti, 57, sucht allerdings tatsächlich weiterhin nach der richtigen Rezeptur, um den FC Bayern dorthin zu führen, wo ihn Geldgeber, Fans, Rummenigge und der heute als Präsident wiedergewählte Uli Hoeneß sehen wollen: unangefochten an der Spitze aller Ligen. Der Italiener übernahm die „volle Verantwortung für diese Enttäuschung“, er hatte sie auch insofern eingeleitet, als er eine B-Auswahl auf das Feld schickte. David Alaba saß nur frierend, bei minus sieben Grad, auf der Bank.

Boateng hatte einen schlechten Tag erwischt. Beim 1:1 wurde er ausgetanzt, rutschte weg. Zudem verursachte er den Foulelfmeter zum 1:2 und wurde vorzeitig, verletzt, ausgetauscht. Es droht die heuer bereits dritte Verletzungspause, er soll aber gegen Leverkusen am Samstag dabei sein. Als er in den Stadionkatakomben Rede und Antwort stand, war der Rummenigge-Rüffel noch nicht publik. Der Innenverteidiger fühlte sich bei den Gegentoren allein gelassen. Er sagt: „Jeder soll sich auf sich konzentrieren und in sich hineinhorchen.“

Die erste Champions-League-Niederlage der Bayern gegen ein russisches Team (Hinspiel 5:0) bedeutet, dass der Gruppensieg außer Reichweite ist. Atlético Madrid besiegte PSV Eindhoven problemlos mit 2:0, die Nummer eins sind damit die Spanier.

Rummenigge war nur schwer zu beruhigen, er war verärgert. „Kann sein, dass du einen größeren Kracher kriegst, aber das werden wir jetzt so akzeptieren müssen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Kracher – das ist womöglich sogar der FC Barcelona (2:0 gegen Celtic Glasgow), Ancelotti wäre also gut beraten, schnell eine sichere Aufstellung zu finden. Auch er wird nur am Gewinn der Königsklasse gemessen, denn dafür wurde der Sieger mit AC Milan und Real Madrid ausschließlich geholt. (fin)

Gruppe A: Arsenal – PSG 2:2, Rasgrad – FC Basel (Janko ab 79.)0:0.

B: Besiktas – Benfica 3:3, Napoli – Dynamo Kiew 0:0.

C: Celtic Glasgow – Barcelona 0:2, Gladbach – Man City 1:1.

D: Rostow – Bayern (Alaba Bank) 3:2, Atlético – PSV 2:0.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2016)

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