„Schau“, sagt das Kind am Abend, als es aus dem Fenster schaut. „Da drüben leuchtet es schon überall.“
Das hat das Kind schon am Abend davor und an dem davor gesagt, weil: Die Nachbarn haben schon ihre Balkone mit weihnachtlichen Leuchtkörpern zugehängt, dass es ärger nicht geht. Da blinkt es girlandenweise vom Erdgeschoß bis zum Dach, da hängen Weihnachtsmänner in unbequemer Kletterposition am Geländer.
Und bei uns? Wir sind, draußen wie drinnen, noch völlig kahl. Wie immer in der Adventzeit habe ich schon wieder das Gefühl, dass die anderen schneller und wir spät dran sind. Neben den blinkenden Balkonen machen einen die Freunde aus der Facebook-Blase nervös: Die posten schon Fotos selbst gebackener Kekse, während man selbst immer noch auf der Suche nach dem perfekten Rezept für simple Ausstechkekse ist, deren Teig kinderhändetauglich ist und die trotzdem schmecken.
Immerhin haben wir rechtzeitig einen Adventkranz besorgt, einen mit echten Kerzen. Wieso ich das so betone? Weil mir auf der Adventkranzsuche ein paar hochinteressante Varianten untergekommen sind. Zum Beispiel ein LED-Adventgesteck mit Fernbedienung. Eine überfällige Erfindung! Wie oft wollte man schon bequem auf der Couch sitzen bleiben, musste sich aber extra 30 bis 40 Zentimeter nach vorn beugen und ein Feuerzeug in die Hand nehmen, um die Kerzen anzuzünden. Dieser mühsame Prozess – endlich Schnee von gestern. Dem nicht genug, gibt es jetzt auch LED-Kerzen aus Echtwachs (bloß kein gefälschtes Wachs, wenn schon die Flamme Fake ist!) mit – Achtung! – Auspustfunktion. Auspustfunktion! Man entscheidet sich also – aus welchen Gründen auch immer – für eine Pseudokerze mit künstlicher Lichtquelle, möchte dann aber offenbar nicht auf das altmodische Auspusten verzichten, weshalb man nun also so tun kann, als würde man diese docht- und flammenfreie batteriebetriebene Kerze mit Flackereffekt (das steht da so) tatsächlich ausblasen. Da braucht man die DVD mit dem künstlichen Kaminfeuer gar nicht erst einzuwerfen, so besinnlich ist das. In diesem Sinn: Einen schönen ersten Advent!
E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2016)