Die Herzerlbaumherzerln sind aus den Lagern der Stadt verschwunden. Jener, der sie entwendet hat, macht ein Friedensangebot und will sie wieder auf dem Rathausplatz aufhängen.
Wien. „Die Stadt ist völlig herzlos“, finden derzeit viele angesichts der Tatsache, dass der Herzerlbaum dieses Jahr seit vielen Jahrzehnten erstmals nicht in der Adventszeit auf dem Rathausplatz steht.
Diesen Kritikern kann man nur sagen: In gewisser Weise haben sie recht. Die Weihnachtsbeleuchtung wurde nämlich aus jenem Lager der Stadt entwendet, wo man sie bisher glaubte. Neben den roten Leuchten fehlen unter anderem auch der Weihnachtsschmuck, die Christkindlwerkstatt und die berühmten Engerln vom Ring. Der Gesamtwert beläuft sich auf 450.000 Euro. Die Stadt sieht sich mit einem Diebstahl konfrontiert und hat am Freitag Anzeige und eine Zivilrechtsklage eingebracht.
„Die Presse“ konnte die Herzerln mittlerweile wieder aufspüren. Sie liegen gut verstaut in einem Lager von Clemens Kreitner, Chef der Agentur Kreitner und Partner. Das ist jene Firma, die den Adventzauber 30 Jahre lang bis heuer ausrichtete.
Herzloser Rechtstreit
„Ich habe die Beleuchtung nicht gestohlen, sondern sie gehört mir. Das ist ein Teil des Vertrages, weil es unser Konzept, unsere künstlerische Idee war“, sagt er und spricht von „kalter Enteignung“, die die Stadt geplant hätte. Darum habe er die Beleuchtung in Sicherheit gebracht. Dass die Rechnungen für das Equipment aber die Stadt bezahlt hätte, streitet er gar nicht ab – die Rechte, diese auch zu verwenden, lägen als Urheber des sogenannten Adventzaubers aber bei ihm. Wer recht hat, werden die Gerichte ebenso klären müssen, wie, ob die Inhouse-Vergabe ohne Ausschreibung gültig war. Die Stadt ist von der Rechtmäßigkeit überzeugt – Kreitner, der selbst den Auftrag in den vergangenen 30 Jahren erhalten hat, ohne dass es jemals eine Ausschreibung gegeben hätte, sieht das anders. Besonders kritisiert er, dass der Vertrag bereits vor dem Gemeinderatsbeschluss vergeben gewesen sein soll. Das sieht man bei der Wien-Marketing GmbH anders: „Das war nur ein Vorvertrag, der besagt, dass wir im Fall eines Gemeinderatsbeschlusses einen Auftrag bekommen“, heißt es. Einen derartigen Vertrag hätte Kreitner auch jedes Jahr bekommen.
Dieser will jedenfalls zeigen, dass er doch ein großes Herz hat und zeigt sich bereit, die Herzerln wieder aufzuhängen – wenn nicht auf dem Rathausplatz, dann auch gern woanders. Aber eigentlich will er den Streit mit der Stadt am liebsten beenden und in dieser Causa doch noch einen Weihnachtsfrieden erreichen. „Es gibt so viele, die uns geschrieben haben, was mit dem Herzerlbaum ist. Mir ist er eine Herzensangelegenheit und ich würde die Wogen gern glätten“, sagt er zur „Presse“.
Darum hat er Bürgermeister Michael Häupl nun persönlich einen Brief geschrieben, um ihm einen Deal anzubieten: „Ich bin bereit, die Herzerln für dieses Jahr noch einmal gratis zur Verfügung zu stellen – das Einzige, was ich dafür möchte, ist, dass man sich mit uns noch einmal an den Tisch setzt um vielleicht doch eine Lösung für nächstes Jahr zu finden. Das ist mein großer Weihnachtswunsch“, sagt Kreitner. Das wäre bestimmt im Interesse vieler: Eine Petition für das Comeback des Herzerlbaums hat bereits Hunderte Unterstützer.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2016)