Schweiz: Die meisten Zuwanderer sind keine Fachkräfte

Worker inspects a plastic roll at TIM stainless steel wire factory in Huamantla
Worker inspects a plastic roll at TIM stainless steel wire factory in Huamantla(c) REUTERS (© Tomas Bravo / Reuters)
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Der Schweizer Ständerat beschäftigt sich diese Woche mit strengeren Regeln für Arbeitsmigranten. Laut einer Studie sind 80 Prozent der Zuwanderer, die seit 2007 in die Schweiz kamen, keine benötigten Fachkräfte.

Wien/Bern. Nicht nur in Österreich, sondern auch in der Schweiz gibt es Diskussionen über Einschränkungen für ausländische Jobsuchende. In Österreich fordern Teile der SPÖ (wie Burgenlands Landeshauptmann, Hans Niessl), den heimischen Arbeitsmarkt vor Menschen aus Osteuropa zu schützen. In der Schweiz wird sich am Mittwoch und am Donnerstag der Ständerat mit der sogenannten Initiative gegen die Masseneinwanderung der konservativen Schweizer Volkspartei (SVP) beschäftigen.

Die Initiative wurde bei einer Volksabstimmung im Februar 2014 mit knapper Mehrheit angenommen. Gefordert wird, dass die Schweiz die Zuwanderung aus EU-Ländern mit Kontingenten regelt. Doch bis heute streiten die Politiker darüber, wie der Volkswille umgesetzt werden soll. In der Schweiz stammen die meisten Zuwanderer aus EU-Ländern, darunter befinden sich auch viele Österreicher. Das Referendum im Februar 2014 stürzte die Schweizer Regierung in ein Dilemma. Kommt es zu Einschränkungen für Zuwanderer, wird das Abkommen über die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU verletzt.

Ähnlich wie in Österreich fordert die Schweizer Wirtschaft, dass der Fachkräftemangel mit dem Zuzug von ausländischen Spezialisten behoben werden soll. Daher gibt es eine Liste mit sogenannten Mangelberufen. In der Schweiz werden vor allem Ärzte, Software-Entwickler und Ingenieure gesucht. Doch nun sorgt eine Studie der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich für Aufregung. In der Studie wurde die Entwicklung bei den Mangelberufen in der ganzen Schweiz seit dem Jahr 2007 untersucht. Herausgekommen ist, dass nur knapp 20 Prozent der seit 2007 in die Schweiz eingewanderten Personen in einem Mangelberuf tätig sind. Bei den sogenannten Grenzgängern ist nur jeder Sechste ein gesuchter Spezialist, schreibt die „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“).

Ein Beispiel dafür ist die Baubranche. In der Schweizer Bauwirtschaft ist die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch. Trotzdem stammen zwei Drittel der Beschäftigten aus dem Ausland. Der „NZZ“ zufolge sind aus dem Ausland nicht nur dringend gesuchte Poliere und andere Fachleute eingewandert, sondern auch viele ungelernte Arbeiter. Seit 2015 seien dies vor allem Menschen aus Portugal.

In der Schweiz wird nun über einen „Inländervorrang light“ debattiert. Ein Vorschlag lautet, dass Unternehmen per Gesetz gezwungen werden, alle offenen Stellen den Arbeitsvermittlungszentren zu melden. Andere Politiker fordern, dass arbeitslose Schweizer, die für eine offene Stelle infrage kommen, zu einem Vorstellungsgespräch verpflichtet werden. Lehnt eine Firma einen Jobsuchenden aus der Schweiz ab, muss sie das begründen. Die Schweizer Wirtschaft lehnt eine Begründungspflicht ab und spricht von einem „Bürokratiemonster“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2016)

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