China lässt die K-Pop-Blase platzen

Members of South Korean girl group GFriend watch a recording of their stage performance during a dress rehearsal for The Show in Seoul
Members of South Korean girl group GFriend watch a recording of their stage performance during a dress rehearsal for The Show in Seoul(c) REUTERS/ Kim Hong-Ji
  • Drucken

Peking will die Stationierung eines US-Raketenabwehrsystems in Südkorea unterbinden. Offenbar setzt es dort an, wo es Seoul am meisten trifft: beim Kulturexport.

Wien/Peking/Seoul. Für eingefleischte Zuseher der US-Produktion „Game of Thrones“ oder begeisterte Fans der Popsängerin Beyoncé wäre es eine Katastrophe, sollte die Europäische Union entscheiden, wegen diplomatischer Wickel mit den USA keine amerikanischen Kulturexporte zuzulassen. Genau das könnte gerade in China passieren. Hier sind es südkoreanische Fernsehserien, Popstars und Blockbuster, die Millionen Chinesen in ihren Bann ziehen. Die Drama-Serie „Nachkommen der Sonne“, die die Liebesgeschichte eines Soldaten und einer Militärchirurgin erzählt, war in China so beliebt, dass die Regierung vor gesundheitlichen Schäden durch übermäßigen Fernsehkonsum warnte. Der Hauptdarsteller der Serie, Song Jong-kyi, begeistert junge Chinesinnen.

Längst hat das Korea-Fieber auch andere Lebensbereiche erobert: K-Pop-Stars geben mit ihrem Modestil Trends an, die koreanische Beautymarke Amore Pacific zählt zu einer der beliebtesten in China und eine Fantasyromanze löste 2013 einen landesweiten Hype nach Backhendl mit Bier aus, weil das Menü in der Serie gern gegessen wurde. Südkorea boomt bei Chinesen auch als Reiseziel. Fast die Hälfte aller Besucher 2015 kamen aus China, viele auf Spurensuche nach den Drehorten ihrer Lieblingsfilme.

Doch Peking setze der koreanischen Welle gerade ein Ende, berichten südkoreanische Medien. Als Reaktion auf die geplante Stationierung eines US-Raketenabwehrsystems südlich von Seoul habe sie ein inoffizielles Verbot für koreanische Pop-Produktionen erlassen. Die USA beteuern zwar, dass sich das Raketenschild Thaad einzig gegen Nordkorea richte. Peking aber ist fest davon überzeugt, dass Washington damit seinen Einfluss in der Region stärken will.

Seit Oktober habe kein K-Pop-Star mehr die Erlaubnis für Auftritte in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt bekommen, berichtete die „Korea Times“. Chinesische Veranstalter, die ohne Genehmigung Konzerte von Popgruppen aus Südkorea organisierten, müssten zudem mit saftigen Strafen rechnen. Nicht ein koreanischer Film sei in den vergangenen 13 Monaten in chinesischen Kinos an den Start gegangen, schreibt die Nachrichtenagentur Yonhap. In den Jahren zuvor hatten Chinas Zensoren noch mindestens vier koreanische Blockbuster jährlich genehmigt. Auch Werbespots sind laut der chinesischen Ausgabe der „Global Times“ betroffen: Ein Smartphone-Hersteller habe den Werbevertrag mit Serienstar Song aufgekündigt. In Fernsehshows seien nun statt koreanischer heimische Stars zu sehen.

Patriotismus vor Unterhaltung

Die Berichte über eine Südkorea-Sperre treffen die Unterhaltungsindustrie in dem exportorientierten Land hart: So fielen die Aktien von YG Entertainment, der Agentur, die dem Gangnam Style von Sänger Psy zu Ruhm verhalf, seit Juli um mehr als 20 Prozent. Politiker auf beiden Seiten versuchen zu beschwichtigen. Man soll wie immer bei Spannungen zwischen Seoul und Peking nicht überreagieren, meinte Südkoreas Außenminister, Yun Byung-se.

Auch ein chinesischer Außenamtssprecher wies die Gerüchte zurück; er habe noch nie von einem K-Pop-Bann gehört. Peking habe die kulturelle Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern immer gutgeheißen, sagte Geng Shuang. „Aber ich glaube, es wird jeder verstehen, dass ein solcher Austausch von der Öffentlichkeit unterstützt werden sollte.“ Zumindest offiziell hat die KP-Führung die Bevölkerung hinter sich. Ein Großteil der Chinesen unterstütze ein Verbot südkoreanischer Kulturproduktionen in China, zitierte die nationalistische „Global Times“ im August eine Online-Umfrage. 86 Prozent der 280.000 Befragten stellten „die Liebe für ihr Heimatland über die Popularität von Entertainment-Stars“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.