Conchita für Van der Bellen und Champagner für Kern

Das geheime Abhörprotokoll eines Gesprächs, das Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer am Wahlabend in einem unbeobachteten Moment führen könnten.

Sonntagabend, kurz nach dem Bekanntwerden des vorläufigen Endergebnisses der Bundespräsidentenwahl. Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer unterhalten sich kurz miteinander, während sie für den nahenden TV-Auftritt geschminkt werden. Beide wirken ziemlich erschöpft.

Van der Bellen: „Gott, was bin ich froh, dass es jetzt endlich aus ist, Norbert! Wenn die Wahl wieder ungültig ist, schmeiß ich denen alles hin, darauf kannst Gift nehmen!“

Hofer: „Da simma aber zwei. Noch einmal halt ich das nicht mehr aus, mich dermaßen verbiegen zu müssen, dass mich meine Frau nicht mehr erkennt. Wenn ich noch ein einziges Mal erklären muss, dass ich gegen den EU-Austritt bin, krieg ich einen Lachkrampf.“

VdB: „Na glaubst, ich tät das aushalten, mich im Frühjahr wieder wie ein Landei verkleiden zu müssen? Mir wird ja jetzt schon speiübel, wenn ich mich auf einem Plakat seh und zuerst glaub, das ist der Sepp Forcher. . .“

Hofer: „Aber du hast das echt super gemacht. Allein, wie du plötzlich gegen Ceta warst, wie du Kandidat geworden bist, obwohl du ja dafür warst, du bist ja kein Depp. Das hätte vom Kickl (FPÖ-Stratege, Anm.) sein können.“

VdB: „Man soll die Blödheit des Wählers eben nicht unterschätzen. Obwohl, wie jetzt am Schluss sogar die Conchita Wurst und der Reinhard Fendrich für mich aufgetreten sind, hab ich echt Angst bekommen, dass jetzt endgültig alles den Bach hinuntergeht.“

Hofer: „Tja, das war ein schlauer Schachzug vom Kickl, die zwei dazu zu bewegen, dich zu unterstützen. Mehr kann man dich ja kaum diskreditieren.“

VdB: „Oh ja, dass der Busek, die Ederer und der Konrad für mich geworben haben, war schon eine echte Linke. Fast noch schlimmer als die Conchita. Da bin ich mir kurz vorgekommen wie die Hillary mit ihren ganzen abgehobenen Unterstützern.“

Hofer: „Eh, schade, dass wir nicht auf die Idee mit dem Busek und so gekommen sind.“

VdB: „Sag, habt's ihr eigentlich den Haselsteiner gezahlt?“

Hofer: „Wieso?“

VdB: „Na, wie der inserieren hat lassen, dass eine Pleitewelle, Tourismusflaute und Massenarbeitslosigkeit kommt, wenn du Präsident wirst, da hab ich mir gedacht, jetzt ist wirklich alles aus. Ich mein, die Leute lassen sich zwar für blöd verkaufen, aber für so deppert auch wieder nicht.“

Hofer: „Na, glaubst ich habe das lustig gefunden, wie mir die Werbefritzen auf Plakate geschrieben haben, dass die Bauern einen höheren Preis für die Milch kriegen werden, wenn ich die Wahl gewinn? Auf die Idee musst erst einmal kommen.“

VdB: „Gut, dass der Lockl (Wahlkampfleiter, Anm.) nicht auch auf diese Idee gekommen ist. Hätte ja gut zu der ganzen Landei-Nummer gepasst. Ich genier mich ja auch so ausreichend. Sag, hast dich eigentlich schon beim Kern bedankt?“

Hofer: „Nein, aber gut, dass du mich daran erinnerst, dem muss ich eine Flasche Champagner schenken dafür, dass der in der Diskussion mit dem Strache die FPÖ zur Superseriös-Partei erklärt hat. Echt nett von dem das, und war sehr hilfreich.“

VdB: „Ich versteh ihn ja. Wenn er Rot-Blau will, bist du ihm lieber in der Hofburg als ich, weil Du gelobst ja alles an, was sich nicht rechtzeitig auf einen Baum flüchten kann. (Macht eine längere Pause.) Hätte ich eigentlich wissen müssen und auch den Strache ein bisserl antanzen sollen. Hab's aber irgendwie vergessen.“

Hofer: „Sag, ganz ehrlich, wie hast Du damals bei Zwentendorf eigentlich wirklich abgestimmt? Ich glaub dir nicht, dass du das vergessen hast.“

VdB: „Eh nicht, eher verdrängt. (Zündet sich eine Zigarette an.) Obwohl, fürs Klima ist Atomstrom ja das Beste.“

Hofer: „Sag, wie naiv kann man in deinem Alter eigentlich noch sein? Du kommst da mit einem Sachargument? Wen interessiert den so was?“

VdB: „Hast ja eh recht, aber jetzt, wo es endlich vorbei ist, kann man doch wieder vernünftig reden, oder?“

Hofer: „Solange es unter uns bleibt eh. Ich verrat dich schon nicht, mein deutsches Wort drauf.“

Beide blicken plötzlich auf ihre Smartphones, wo erste Messages auftauchen, wonach die weißrussischen Wahlbeobachter gröbere Unregelmäßigkeiten festgestellt hätten. Sie schauen einander nachdenklich an.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronline. Das Zentralorgan des
Neoliberalismus“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2016)

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