Aggressiv bis emotional: Ein letztes TV-Duell vor der Wahl

Van der Bellen und Hofer im ORF-Duell
Van der Bellen und Hofer im ORF-Duell(c) ORF (Thomas Ramstorfer)
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Drei Tage vor der Bundespräsidentenwahl diskutierten Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer noch einmal. Die Wogen gingen hoch.

Wien. Es dauerte nicht lange, vielleicht fünf Minuten, bis die Regeln zum ersten Mal gebrochen wurde. Obwohl es eigentlich, richtiger, nur eine Regel gab: nicht unterbrechen. Und doch gingen die Wogen zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer während des ORF-Duells am Donnerstagabend sofort hoch. Womöglich, weil es schon so viele Konfrontationen in diesem Wahlkampf gab. Vielleicht aber auch, weil es das letzte Duell vor der Hofburg-Wahl am Sonntag war. Die letzte Chance, unschlüssige Wähler zu überzeugen. Oder seinen Gegner zu einer problematischen Aussage hinreißen zu lassen. In zwei Tagen wird gewählt.

Der Grund für die anfängliche Aufregung? Der ehemalige Grünen-Chef hielt ein Foto seines Vaters hoch. Dieser sei vor vielen Jahren verstorben. Und doch würde ihm heute Hofers Parteikollegin Ursula Stenzel unterstellen, Sympathien für den Nationalsozialismus gehabt zu haben. Sein Vater könne sich nicht wehren. Das mache er, Van der Bellen, nun für ihn. Und Hofer? „Das war ein schweres Foul“, entgegnete der freiheitliche Kandidat seinem Gegner. „Auch mein Vater wurde als Nazi beschimpft. Ich habe kein Foto von ihm mitgebracht. Aber ich habe eines in meinem Herzen.“

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Hofer hatte zwar keine Bilder mitgebracht, dafür jede Menge Zitate auf Papier. Nicht von sich, sondern seines Gegenübers Van der Bellen. Dieser war auch nicht unvorbereitet auf den Küniglberg gefahren. Er hatte ebenfalls eine Mappe mit Hofer-Aussagen im Gepäck. Dementsprechend emotional ging die Debatte daher auch weiter. Eigentlich müsste man sagen: aggressiv, untergriffig. Und das, obwohl Moderatorin Ingrid Thurnher die beiden immer wieder aufforderte, zu den eigentlichen Themen – nämlich Sachthemen – zurückzukehren.

„Sie lügen schon wieder!“

Und das funktionierte so: Rund eineinhalb Minuten Redezeit wurde den beiden Kandidaten eingeräumt, um zu verschiedenen Bereichen (Sicherheit, EU, außenpolitische Beziehungen) Stellung zu beziehen. Vor allem Hofer nutzte diese Zeit nicht unbedingt, um seine eigenen Positionen darzustellen. Er versuchte lieber, Van der Bellen zu irritieren. Der freiheitliche Kandidat war angriffig, viel angriffiger als er es bei den vergangenen TV-Duellen auf Puls 4 und ATV war. „Sie lügen, Sie lügen schon wieder!“, rief er zum Beispiel aus. Zu der Moderatorin Thurnher meinte er: „Ich weiß, sie rollen gern die Augen.“ Aber es gab auch Lob, immerhin. Und zwar für Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Mit letzterem würde Hofer eng zusammenarbeiten, sollte er in die Hofburg einziehen.

Dann folgten aber wieder Vorwürfe gegen Van der Bellen: Hofer rückte sein Gegenüber unter Verweis auf ein Buch des früheren Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, Michael Sika, in die Nähe der Spionage. Eine von Van der Bellen beauftragte Rüstungsstudie könnte der Ost-Spionage gedient haben, meinte Hofer sinngemäß. „In dem Buch steht dreimal der Name Van der Bellen“, sagte Hofer zu Van der Bellen. Dieser konterte: „Das ist das Mieseste, was ich seit langem erlebt habe.“ Spionage sei ein Kapitalverbrechen. Wenn es den Verdacht gegeben hätte, hätte man ihn vor Gericht gebracht.

„Jetzt reicht es mir aber langsam“

Und Van der Bellen? Der ehemalige Grünen-Chef bemühte sich nach dem emotionalen Beginn in der ersten Hälfte der Sendezeit, zumindest etwas präsidialer als sein Gegenüber aufzutreten. Auch der Tonfall blieb meistens ruhiger. Diese Taktik verwundert nicht: Schließlich konnte sich der ehemalige Grünen-Chef zumindest ein paar Tage als nächstes Staatsoberhaupt fühlen. Er ist der Titelverteidiger, sozusagen. Doch dann kam auch Van der Bellen wieder etwas mehr in Fahrt und wurde angriffiger. „Jetzt reicht es mir aber langsam“, rief er aus.

Was bleibt inhaltlich von diesem Duell? Beide Kandidaten würden das Hitler-Geburtshaus abreißen lassen. Van der Bellen würde den potenziellen neuen deutschen Präsidenten Frank-Walter Steinmeier auf den Opernball einladen. Hofer seine Frau, aber auch internationale Gäste. Zum Akademiker-Ball würde er als Staatsoberhaupt allerdings nicht mehr gehen. Am Ende gaben sich die beiden sogar ganz kurz versöhnlich: Man werde sich „hoffentlich da und dort wiedersehen“. Es fällt schwer daran zu glauben, nach diesem angriffigen Duell.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2016)

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