Konsum auf Kredit ist immer ein No-Go

Nur Bares ist Wahres - dazu raten Schuldnerberater vor allem beim Kauf von Weihnachtsgeschenken.
Nur Bares ist Wahres - dazu raten Schuldnerberater vor allem beim Kauf von Weihnachtsgeschenken.(c) APA/dpa/Andreas Gebert
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Gerade vor Weihnachten steigt die Versuchung, den einen oder andern Kauf über das Kontoguthaben hinaus zu tätigen. Experten raten davon dringend ab.

Heute kaufen, morgen zahlen: Vor Weihnachten locken Elektronikhändler und andere Geschäfte vermehrt mit Nullprozentkrediten. Finanziell sei davon selbst in Zeiten niedriger Zinsen abzuraten, sagt Schuldnerberater Alexander Maly. Was ihm heuer besondere Sorgen macht: "Ein paar Banken haben direkt aufgefordert, das Weihnachtsgeld auszugeben, bevor es am Konto ist."
Das sei insofern kritisch, als das Weihnachtsgeld dann in der Praxis doppelt ausgegeben werde - einmal in Form eines Kredits und dann, wenn es tatsächlich am Konto ist.

"Konsum auf Kredit ist immer ein No-Go", stellt Maly, Geschäftsführer der Wiener Schuldnerberatung klar. Gefährlich seien sowohl Kontoüberziehungen als auch kleine Warenkredite für einen neuen Flachbildfernseher.

Gefahr der "Verzugskostenlawine"

Zu Weihnachten seien finanzschwache Haushalte besonders gefährdet, in die "kleine Schuldenfalle" zu treten, so Maly. "Die kann man relativ leicht verführen: 'Du hast das Geld jetzt nicht, aber wir machen das schon."
"Das wäre auch nicht dramatisch, wenn die Schulden zügig zurückgezahlt werden", sagt der Schuldnerberater. Die Erfahrung zeigt aber anderes. "Dann tritt die Verzugskostenlawine ein. Sogar ein Kredit, der mit null Zinsen beworben wurde, wird im Verzugsfall teuer."

"Wenn ich früh kaufe, kaufe ich teuer"

Dem Argument, dass die Zinsen jetzt niedrig seien und sich Sparen nicht auszahle, kann Maly wenig abgewinnen. Denn "Kreditzinsen sind immer höher als Sparzinsen. Ich zahle immer für vorgezogenen Konsum." Bei Elektronikartikeln, die gerne zu Weihnachten verschenkt werden, komme hinzu, dass diese tendenziell im Preis fallen. "Wenn ich früh kaufe, kaufe ich teuer."
Maly rät daher, mit der Anschaffung eines Fernsehers oder Handys bis nach Weihnachten zu warten. "Vor Weihnachten kostet ein Flatscreen 400 Euro, nach Weihnachten 350 Euro. Wenn ich nicht das allerneueste Modell will, kann ich noch einmal 50 Euro einsparen." Auch handeln sei möglich, sogar bei großen Ketten. Jedoch nur, wenn die Ware auf einmal bezahlt wird.

Sollbruchstellen ärgern Konsumentenschützer

Können sich nun Menschen mit wenig Geld vor Weihnachten überhaupt den allgegenwärtigen Marktschreiern entziehen? "Es ist schwer, dem etwas entgegenzusetzen", weiß Maly. Die Werbung wecke einen Bedarf. "Mit schönen Bildern und schönen Menschen wird eine schöne Welt dargestellt, an der ich nur mit einem Produkt teilnehmen kann." In diesem Zusammenhang kritisiert Maly auch die immer kürzer werdenden Produktzyklen und die sogenannte geplante Obsoleszenz - wenn also Produkte absichtlich so gebaut werden, dass sie schneller kaputt werden. "Das ist ein Thema, das wir wirklich in den Griff bekommen müssen. Das alte Totschlagargument 'das sichert Jobs' stimmt schon lange nicht mehr. Erstens sind die Arbeitsplätze woanders und zweitens machen das Roboter."

Für den morgigen zweiten Weihnachtseinkaufssamstag hat Maly "uralte Ratschläge": "Wenn ich Geschenke kaufen gehen, dann mit einer Liste. Wer soll was bekommen? Was möchte ich maximal ausgeben?" Menschen, die zum Impulskauf neigen, sollten außerdem Bankomat- und Kreditkarte zu Hause lassen, sprich mit Bargeld shoppen gehen, "um sich selbst ein Schnippchen zu schlagen". Vor Weihnachten, räumt Maly ein, werde die Stimmung so angeheizt, dass sich auch "jeder Normaldenkende" zum Spontankauf hinreißen lasse.

Ganz wichtig laut Maly: Keine Teilzahlungs- oder Ratengeschäfte eingehen. "Beide sind gefährlich, bei beiden kann man den Überblick verlieren."

Kontokontrolle wichtig

In seinen Beratungen gibt Maly den Menschen manchmal eine Denkaufgabe: "Überlegen Sie, ob es dem Beschenkten gefallen würde, wenn Sie sich wegen seines Weihnachtsgeschenks in Schulden stürzen?"
Generell sei die "Wird sich schon ausgehen"-Strategie keine gute. Daher rät Maly, stets das Konto im Blick zu behalten. Dabei gilt: je weniger Dauer- und Einziehungsaufträge, desto übersichtlicher.

Die Wiener Schuldnerberatung hat traditionell erst nach Weihnachten viel zu tun. Ab Mitte Jänner steigen die Beratungen um rund ein Viertel. "Das hängt auch damit zusammen, dass im Jänner viele Jahresabrechnungen kommen und das Urlaubsgeld weit weg ist." Die meisten seiner Klienten kämen eigentlich zu spät - wenn die Schulden schon nicht mehr bezahlt werden können. Die sogenannte Budgetberatung, die für den Fall, "bevor die große Katastrophe eintritt", gedacht ist, wird laut Maly kaum in Anspruch genommen. Und wenn dann eher von jenen, die ohnehin nicht gefährdet sind, in die Schuldenfalle zu tappen.

Junge Männer als klassische Schuldner

Am meisten schuldengefährdet sind Maly zufolge junge Menschen, insbesondere junge Männer. "Denen kann man noch teurere Sachen einreden." Klassischerweise beginnt das Schuldenmachen mit einem überzogenen Konto und einem nicht zu Ende gezahlten - teuren - Handyvertrag. "Mit dem ersten Job können sie das Konto dann noch weiter überziehen, sich zum Beispiel ein Auto kaufen." Die Menschen seien dann schon verschuldet, bevor die großen Ausgaben anstehen, bevor sie etwa eine Familie gründen.

(APA)

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