Referendum in Italien: Schicksalstag für Matteo Renzi

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Matteo Renzi hat sein weiteres, politisches Schicksal an den Wahlausgang geheftet. Ein Ergebnis wird nicht vor Montag erwartet.

In Italien hat am Sonntag das Referendum über die bisher umfangreichste Reform der italienischen Verfassung begonnen. 47 Millionen Italiener sind aufgerufen, über eine Reform von Premier Matteo Renzi abzustimmen, mit dem das seit 70 Jahren geltende System aus zwei gleichberechtigten und blockadeanfälligen Parlamentskammern überwunden werden soll. Die Wahllokale sind seit 7.00 Uhr geöffnet.

Das Referendum gilt als Schicksalswahl für Renzi. Der Premier hatte zu verstehen gegeben, dass er im Fall eines Siegs der "Nein"-Front zurücktreten würde. Dies könnte den Weg zu einer Übergangsregierung ebnen.

Last-Minute-Wähler könnten es entscheiden

Die Wahllokale sind am Sonntag bis 23.00 Uhr geöffnet. Da es sich um ein Referendum zur Absegnung einer vom Parlament gebilligten Verfassungsreform handelt, ist anders als bei anderen Referenden in Italien keine Mindestbeteiligung vorgeschrieben. Mit dem Ergebnis des Referendums wird in der Nacht auf Montag gerechnet. Erwartet wird eine relativ niedrige Stimmbeteiligung.

"Last Minute"-Wähler könnten sich für den Ausgang des Referendums über die Verfassungsreform in Italien als entscheidend erweisen. Vor Eröffnung der Stimmlokale am Sonntag waren zehn Millionen der 46 Millionen Stimmberechtigten noch unsicher, ob sie "Ja", oder "Nein" zur umfassendsten Änderung der italienischen Verfassung seit ihrem Inkrafttreten 1948 stimmen sollen, geht aus Umfragen hervor.

Fünf Millionen Menschen waren unsicher, ob sie sich überhaupt am Volksentscheid beteiligen sollen, berichtete das Meinungsforschungsinstitut "Demopolis" weiter. Man erwarte eine relativ niedrige Stimmbeteiligung.

Tippfehler als "Zünglein an der Waage"?

Italiens Premierminister Matteo Renzi und seiner Mannschaft ist bei der Referendumskampagne ein peinlicher Fehler unterlaufen. Auf einem Brief an etwa vier Millionen Auslandsitaliener, der für ein "Ja" bei der Abstimmung am kommenden Sonntag werben soll, ist eine falsche Internetadresse angegeben.

Statt für "Basta un Sì" (es reicht ein "Ja"), also www.bastaunsi.it, heißt es auf dem Brief: www.bastausi.it. Die Gegner des Referendums machten sich den Fehler gleich zu Nutzen: Wer auf diese Webadresse geht, wird zu der "Nein"-Kampagne umgeleitet und über die Nachteile der Reform aufgeklärt. Spötter sehen nun den Fehler als Zünglein an der Waage, denn die Briefwähler aus dem Ausland werden als entscheidend für den Ausgang des Referendums angesehen.

"Wenn Renzi geht, ist das die Chance, dass er endlich nach Hause geht"

Trotz des monatelangen und sehr scharfen Wahlkampfs gilt der Inhalt des Referendums über die Änderung breiter Teile der Verfassung als sehr technisch und könnte viele Wähler von den Urnen fernhalten. Da es sich um ein Referendum zur Absegnung einer vom Parlament gebilligten Verfassungsreform handelt, ist anders als bei anderen Volksbefragungen in Italien keine Mindestbeteiligung erforderlich.

Scharfe Diskussionen lösten unterdessen Politikeräußerungen während der Wahlruhe am Samstag aus. Auf Internet posteten sowohl Vertreter der "Ja"-Front, sowie Reformgegner Appelle für ihr Lager. Selbst Ex-Premier Silvio Berlusconi gönnte den Wählern keine Ruhe, indem er auf Facebook postete: "Wenn Renzi verliert, ist das endlich die Chance, dass er nach Hause geht." Berlusconi tritt mit seiner rechtskonservativen Oppositionspartei Forza Italia für eine Ablehnung der Verfassungsreform ein.

Die von Renzi unterstützte Reform sieht die Überwindung des blockadeanfälligen Systems aus zwei gleichberechtigten Parlamentskammern vor.

(APA/DPA/Reuters)

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