Van der Bellens Wahlparty: "Österreich ist zu wichtig für Experimente"

Hunderte Menschen sind am Sonntagabend in die Sofiensäle in Wien-Landstraße gekommen und haben den Wahlsieg ihres Kandidaten, Alexander Van der Bellen, gefeiert. Zunächst hieß es aber warten auf die Hochrechnungen. Die Wartezeit überbrückten manche mit einem Glas Wein, andere mit einem Kartenspiel.
(Von Heide Rampetzreiter)

Die erste Hochrechnung wurde mit lautem Jubel begrüßt. Im Laufe des Abends wurde das Gedränge im Saal immer größer und die eingespielte Musik hymnischer. Getanzt wurde auch, etwa zu "Don't stop me now" von Queen.

Mit jeder Hochrechnung wurde die Stimmung besser.

Auch Prominenz aus der SPÖ, etwa Rathaus-Klubchef Christian Oxonitsch, der ÖVP mit Othmar Karas oder Ferry Maier, aber auch seitens der Neos ließ sich blicken. Besonders viel Jubel aus dem Publikum gab es für Lothar Lockl, Van der Bellens Wahlkampfleiter.

Transparente mit der Aufschrift "Unser Präsident der Mitte" wurden verteilt. Bis der kam, dauerte es aber noch eine ganze Weile.

Florentin, 18, meinte: "Es sollte sich vereinen lassen, dass man Tracht trägt und seine Heimat liebt und trotzdem positiv in die Zukunft in der EU blicken kann." Er war im Wahlkampf aktiv und hat am Telefon versucht, Menschen davon zu überzeugen, Van der Bellen ihre Stimme zu geben.

Die zwölfjährige Amlie, die mit ihrer Mutter Susanne auf die Wahlfeier kam, hat ein Plakat für Van der Bellen gemalt. Das Video der Holocaust-Überlebenden Gertrude (mehr dazu hier) hat sie dazu motiviert. "Die hat selber als Siebenjährige einen Bürgerkrieg erlebt und sich gefragt, wie kann die FPÖ so etwas sagen?"

Max und Heike und die sechsjährige Irina wohnen in der Nähe und haben sich spontan entschlossen, herzukommen. Sie sind "nicht nur gegen Hofer, sondern Van-der-Bellen-Fans und er war alternativlos in diesem Fall." Die drei sind Stammbesucher der Sofiensäle – vor allem wegen der Jüngsten im Bunde, denn der Prunk des neu aufgebauten ehemaligen Tanzsaales passt zu einer Prinzessin.

Rapper Nazar, der mit seiner Unterstützung für die SPÖ bei der Wien-Wahl aneckte, kam ebenfalls vorbei: "Ich hab damit gerechnet. Ich bin positiv eingestellt und davon überzeugt, dass die Angstmacherei der Proleten-Medien nicht der Meinung der Menschen in Österreich entspricht", sagte er.

Damien gehörte zum Team der Unterstützer. "Ich habe 100 Prozent Hoffnung in Van der Bellen gelegt, aber gezittert", sagte er, sichtlich erleichtert. "Ich sehne mich nach einem Bundespräsidenten, der nicht die Spaltung, sondern die Inklusion sucht. Österreich ist zu wichtig, um Experimente zu machen."

Ruth und Leopold "wären auch gekommen, wenn wir traurig gewesen wären". Sie schätzen an Van der Bellen "seine ruhige und bedächtige Art. Wie ein Vater, der das Land versteht – dieses Bild kommt rüber", sagte Ruth. Leopold findet "seine menschenachtende Einstellung, seine Offenheit und seine Freude an Europa und der Welt" gut. "Außerdem ist er g'scheit." Die Wahl Van der Bellens habe zudem den Ruck "nach 'unangenehm rechts'" ein wenig eingebremst.

George feiert den Sieg, auf den er zwar gehofft hatte, aber gerechnet hat er damit, dass es mindestens "wieder sauknapp" werden würde. "Van der Bellen steht für was Wertvolles, Verbindendes, G'scheites", sagte er. "Außerdem will ich weiterhin, wenn ich auf Urlaub fahre, sagen: 'Nicht Deutschland, Österreich!'"

Frida war beim Wählerkomitee und hat aktiv im Telefondienst mitgewirkt, "weil ich ein ausgesprochener FPÖ-Gegner bin und unbedingt Hofer nicht als Präsident wollte und weil ich in den meisten Fällen Van-der-Bellen-Anhäger bin".

Lena, Alex, Armin, Philipp, Julia und Karoline (v.l.n.r.) stoßen auf den Wahlsieg van der Bellens an. Karoline hat im Wahlkampf online auf Facebook, Instagram und Snapchat mitgeholfen. Ob sie Fans sind? "Ich bin einfach ein Österreicher", sagte Alex. "Das war eine Wahl für die Menschen."

Sascha und Christoph haben Flyer verteilt, etwa auf der Mariahilfer Straße und in der lesbisch-schwulen Szene. "Die haben gefragt, wieso wir im eigenen Teich fischen, aber auch Stammwähler sollen das Gefühl haben, dass sich jemand um sie kümmert", sagte Sascha. Auch am Vorabend waren die beiden noch auf Wahlkampf-Tour. "Und letzte Woche waren wir in einem Cafe, da war eine Runde mit 50 Leuten – und ein einziger Hofe-Wähler war darunter. Der ganze Tisch hat den dann von Van der Bellen überzeugt, wir mussten gar nichts mehr machen."

Kurz vor 21 Uhr hieß es dann: Van der Bellen kommt. Dass den Veranstaltern bis dahin das Bier ausgegangen war, entpuppte sich als Falschmeldung. Speisen (darunter Würstel) und alkoholische Getränke waren kostenpflichtig. Trotzdem gönnten sich viele ein Glas Wein, Sekt oder Bier zum Anstoßen.

Von der Bühne aus gab es Appelle, Platz zu machen für den kurz nach 21.30 Uhr erwarteten Einzug Van der Bellens. Auf der Bühne drängten sich Medienvertreter, Transparente wurden geschwenkt.

Mit minutenlangem Gejohle, "We are the Champions"-Gesang, Rock-Rhythmen und einem Wald aus hochgehaltenen Transparenten wurde der Sieger der Bundespräsidentenwahl begrüßt. "Wir haben gewonnen", lauteten seine trockenen Begrüßungsworte, die mit Riesenjubel quittiert wurden.

Van der Bellen meldete sich dann nur kurz zu Wort. Man habe Europa gezeigt, was möglich sei, meinte er, nämlich mit einer klar pro-europäischen Haltung und den Idealen Freiheit, Gleichheit und Solidarität eine Wahl zu gewinnen. "Diese Bilder heute werden durch die europäischen Hauptstädten gehen", sagte er. "Wir haben ein rot-weiß-rotes Signal ausgesandt, und dieses Signal wird gelesen werden, nicht nur in den Hauptstädten."
Lächelnd und winkend ging Van der Bellen dann ab, während zunächst "Sascha, Sascha"-Rufe ertönten und dann auch noch "Lothar, Lothar" für seinen Wahlkampfleiter Lothar Lockl zu hören war. Mit "Ein Hoch auf uns" von Andreas Bourani war der offizielle Teil damit vorbei.