Hannes Swoboda widerspricht Kanzler Faymann. Eine "gesellschaftlich so wichtige Frage" wie Integration dürfe nicht dem Trugschluss geopfert werden, dass die Regierung in Krisenzeiten möglichst klein bleiben müsse.
WIEN. Bürgermeister Michael Häupl und Arbeiterkammerchef Herbert Tumpel sind dafür. Werner Faymann ist dagegen. Unterrichtsministerin Claudia Schmied will sich vorerst nicht festlegen. Und Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ist nach Faymanns „Nein“ unsicher, ob er weiterhin dafür sein soll.
Die SPÖ ist nach den Wahlniederlagen in Oberösterreich und Vorarlberg nicht nur mit sich selbst beschäftigt, sondern auch mit der Frage, wie sie ihrem Wähleraderlass an die FPÖ Einhalt gebieten kann. Einig sind sich die Genossen nur, dass es einen Kurswechsel in der Integrationspolitik brauchen wird. Doch die Frage, ob damit auch die Regierung um ein Integrationsressort erweitert werden soll, spaltet die rote Reichshälfte in Befürworter, Gegner und Unentschlossene.
Wobei sich das Pro-Lager langsam zur stärksten Fraktion mausert. Am Montag gesellte sich eine weitere Parteipersönlichkeit dazu: Hannes Swoboda nämlich, Europaabgeordneter und Vizechef der Europäischen Sozialdemokraten, verdeutlichte im Gespräch mit der „Presse“, dass er den Argumenten des Bundeskanzlers nichts abgewinnen kann. Eine „gesellschaftlich so wichtige Frage“ wie Integration dürfe nicht dem Trugschluss geopfert werden, dass die Regierung in Krisenzeiten möglichst klein bleiben müsse, sagte Swoboda. Denn: „Weniger ist ja nicht gleich besser.“
Keine Regierungsumbildung
Er selbst ist demnach „für eine eigene Person in der Regierung, der die Integrationsagenden überantwortet werden“. Allerdings will Swoboda zuerst über Inhalte diskutieren – sprich: das neue Profil entwickeln. Wohin der Weg führen könnte? „Wir müssen klar sagen, was wir wollen – etwa, dass Migranten zwar Chancen, aber auch Pflichten hier zu erfüllen haben.“
Formal wird sich im Regierungsgebilde vorerst einmal nichts ändern – zum einen, weil Faymann nicht möchte, vor allem aber, weil der Koalitionspartner nicht will. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) blieb am Montag im „Ö1“-Mittagsjournal hart: Die Kompetenzen für Integration blieben im Innenressort, unabhängig davon, was sich die SPÖ wünsche. Bei der nächsten Regierungsbildung könne die Frage dann erneut diskutiert werden.
Also geht die SPÖ vorerst einmal den Mittelweg: Kanzleramtsstaatssekretär Josef Ostermayer, der mit Fekter die Regierungsarbeit koordiniert, wird sich „verstärkt um die Integrationsagenden kümmern“, hieß es am Montag aus seinem Büro. Allerdings nur intern (für die SPÖ) und im Rahmen der Koordinationsarbeit. Zunächst soll der „Nationale Aktionsplan für Integration“ bis Jahresende fertiggestellt werden. Er wird Lösungsansätze auf allen Integrationsebenen bieten: von der Bildung bis zum Arbeitsmarkt. In das Projekt sind nicht nur alle Ministerien, sondern auch Länder, Sozialpartner und NGOs involviert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2009)