PISA-Ergebnis "inakzeptabel": Jeder Dritte ist ein Risikoschüler

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Österreich hat sich wieder verschlechtert. Für Ministerin Hammerschmid ist das Ergebnis "inakzeptabel". Einen negativen Spitzenwert erreichen die heimischen Schüler beim Geschlechterunterschied.

Österreich hat bei der neuen PISA-Studie wieder schlechter als bei der letzten Erhebung 2012 abgeschnitten. Beim Lesen erreichten die Schüler besonders schlechte Werte, sie liegen signifikant unter dem OECD-Schnitt. Insgesamt befindet sich Österreich im Mittelfeld der OECD-Staaten.

Das Ergebnis sei "inakzeptabel", sagte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) bei der Präsentation. Es handle sich um einen "Befund, der uns auffordert, sofort zu handeln". Fakt sei, dass man sich in einer "Durchschnittsfalle" befinde.

Im Haupttestgebiet Naturwissenschaften kommen die 15- bis 16-jährigen österreichischen Schüler auf einen Wert von 495 Punkten. Das entspricht in etwa dem OECD-Schnitt (493) und liegt um elf Punkte unter dem Wert von 2012, wobei allerdings auch der OECD-Schnitt seit damals um acht Punkte zurückgegangen ist.

Durchschnitt sei "kein erstrebenswertes Ergebnis", so Hammerschmid. "Mein Ziel ist es, zu den zehn besten Ländern zu gehören." Dominiert werden die Ranglisten in den Naturwissenschaften, Lesen und Mathematik von den fernöstlichen Staaten, zeigt die Erhebung. Die Sieger und die Verlierer finden Sie hier >>>.

Lesen ist Österreichs große Schwäche

Beim traditionell schlechtesten Testgebiet der Österreicher, dem Lesen, kamen die Schüler auf nur 485 Punkte. Das ist signifikant unter dem OECD-Schnitt von 494 Punkten.

Mathematik ist noch das beste Ergebnis: Diesmal erreichten die österreichischen Schüler 497 Punkte, das ist über dem OECD-Schnitt von 490. Vor drei Jahren schnitt man aber vergleichsweise besser ab: Da waren es noch 506 Punkte (OECD: 494).

Jeder Dritte ist ein Risikoschüler

Fast jeder dritte getestete Schüler in Österreich gehört in zumindest einem Testgebiet (Lesen, Mathe, Naturwissenschaften) zur Gruppe der Risikoschüler, die "gravierende Mängel" aufweisen. 13 Prozent sind sogar in allen drei Gebieten in dieser Gruppe zu finden. Insgesamt liegt Österreich mit diesem Wert exakt im OECD-Schnitt.

Zum Vergleich: In den Nachbarländern Slowenien (23 Prozent), Deutschland (24 Prozent) und der Schweiz (26 Prozent) ist der Anteil der Risikoschüler deutlich kleiner. In Finnland beträgt er sogar nur 18 Prozent.

Bei den Spitzenschülern, die auch komplexe Aufgaben lösen können, sieht es ebenfalls schlecht aus: In Österreich sind lediglich 15 Prozent der Schüler in zumindest einem Testgebiet Spitze (OECD: 16 Prozent), drei Prozent in allen drei (OECD: vier Prozent). In Slowenien gehören 18 Prozent mindestens einer Spitzengruppe an, in Deutschland 19 Prozent, in der Schweiz 22 Prozent und in Finnland 21 Prozent.

Unterschiede zwischen Mädchen und Burschen

Tatsächlich "schockierend" ist für Hammerschmid ein weiteres Ergebnis der Studie: Der Unterschied zwischen den Geschlechtern. Dieser ist in Mathematik und Naturwissenschaften nirgendwo größer als in Österreich.

Gegenüber den letzten Erhebungen hat der Gender-Gap deutlich zugenommen. In den Naturwissenschaften erzielten die Burschen hier im Schnitt um 19 Punkte mehr als die Mädchen - das ist mehr als eine Verdoppelung gegenüber 2006, 2009 und 2012. OECD-weit sind die Geschlechterunterschiede zugunsten der Burschen mit vier Punkten nur gering. Auffällig: In Finnland erbringen Mädchen um 19 Punkte bessere Naturwissenschaftsleistungen.

In der Mathematik hat die Geschlechterdifferenz zugunsten der Burschen in Österreich von 23 auf 27 Punkte zugelegt, im Lesen hat der Vorsprung der Mädchen von 37 auf 20 Punkte abgenommen. Letzteres dürfte aber mit der neuen Erhebung zu tun haben: Mädchen schnitten schon in den vergangenen Erhebungen beim Lesen elektronischer Texte weniger gut ab als beim Lesen gedruckter Vorlagen. Das kam den Burschen bei der diesmal vollständig am Computer durchgeführten Erhebung zugute. Der Unterschied hier ist im Vergleich nicht auffällig.

Migranten deutlich schlechter

Der Abstand zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund ist in den Naturwissenschaften mit 70 Punkten und im Lesen mit 64 Punkten groß. Gegenüber 2012 ist er ungefähr konstant. Seit der ersten PISA-Studie 2000 haben sich die Abstände zwischen diesen beiden Gruppen verringert. Trotzdem gehört Österreich nach wie vor zu den Ländern mit den größten Leistungsunterschieden zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund.

Insgesamt hat seit 2000 der Anteil der Migranten in der Schülerschaft stark zugenommen - in der PISA-Stichprobe gab es eine Verdoppelung auf 20 Prozent. International ist dieser Migrantenanteil relativ hoch: Im OECD-Schnitt beträgt er 12,5 Prozent. Wesentlich höher liegt er etwa in der Schweiz (31 Prozent) und Kanada (30 Prozent), auf vergleichbare Werte kommen die USA (23 Prozent), Deutschland und Großbritannien (je 17 Prozent).

Nach wie vor schneiden Kinder höher gebildeter Eltern bei PISA wesentlich besser ab: In allen drei Testgebieten erreichten Akademikerkinder um fast exakt 100 Punkte mehr als Kinder von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss. Das entspricht etwas mehr als zwei Lernjahren.

(APA/Red.)

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