Buwog: Einfach bar aufs "Handerl"

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Die Polit-Eliten haben in Sachen Korruption ein akutes Wahrnehmungsproblem.

Also, die Sache ist die: Die (Ex)Freunde des schönsten Finanzministers aller Zeiten sind auf freiem Fuß, und es gilt die Unschuldsvermutung. Für Herrn Grasser selbst sowieso, denn der hat ja, sagt er, nie mitbekommen, was in seiner Umgebung so vorgeht. Eh besser, wenn man in der Politik nicht alles so genau weiß.

Es gibt also in der Buwog-Affäre nichts, worüber man sich aufregen könnte. Außerdem: Es könnte ja im Finanzstaatssekretariat immer noch ein würdiger Nachfolger des Herrn Finz auftauchen und schlüssig nachweisen, dass Schm..., pardon: Consultinghonorare, die unversteuert aus Wien über Zypern auf ein liechtensteinisches Konto fließen, sowieso keinesfalls steuerpflichtig sind. Oder der Staatsanwalt könnte feststellen, dass die Herrschaften einfach zu, sagen wir nobel, einfältig waren, die strafrechtliche Relevanz ihres Tuns zu checken. Womit sie logischerweise straffrei ausgehen.

Oder, noch besser, der Staatsanwalt vergisst die Sache einfach für ein paar Jahre. Bis zur Verjährung halt. Haben wir schließlich alles schon gehabt in den vergangenen Monaten und Jahren.

Und jetzt ganz im Ernst: Die politischen Eliten dieses Landes haben offenbar in größerer Zahl ein größeres Wahrnehmungsproblem mit der Korruption. Ganz so, wie es „Transparency International“ vor ein paar Wochen in seinem globalen Korruptionsreport dargestellt hat: Österreich liegt im Ranking der korruptionsfreien Länder zwar auf dem guten zwölften Platz. Aber nur, weil Kleinkorruption sehr selten und die Privatwirtschaft weitgehend „sauber“ ist. Ernste Probleme haben die Korruptionsjäger dagegen bei der Politik, speziell bei deren Schnittstelle zur Wirtschaft und da wieder speziell zur Finanzwirtschaft diagnostiziert. Hier führe personelle Verhaberung häufig zu unsauberem Agieren.

Kann man wohl sagen. In einem zivilisierten Land wäre beispielsweise ein Finanzminister, der es nicht nur zulässt, dass im Vorfeld einer Unternehmenssteuerreform ein von seinen Freunden gegründeter Verein eine ebenso hochherzige wie „steuerfreie“ Spende einer Unternehmerorganisation (die gerade für diese Steuerreform lobbyiert) für eine Finanzminister-Bejubelungshomepage annimmt, sondern auch noch ein paar Tausender für seinen „Sozialfonds“ abzweigt, wohl mit nassen Fetzen aus dem Amt gejagt worden. Bestenfalls.

Und eine Bundeswohnungsprivatisierung, die in allen zentralen Punkten bis hin zur Investmentbank von Freunden des Ministers abgewickelt wird, hätte wohl sofort den Staatsanwalt auf den Plan gerufen. Und wenn einer der in diese merkwürdige Privatisierung involvierten Freunde bald danach praktischerweise gar Chef der Finanzmarktaufsicht geworden wäre, hätten dann wohl auch beim schlafmützigsten Regierungschef die Alarmglocken geläutet.

Dass dieser Finanzminister dann mit einem wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilten Bar-aufs-Handerl-Typen eine gemeinsame Firma und eine Bürogemeinschaft gründet, hätte das Bild nur noch abgerundet.

In einem zivilisierten Land, wie gesagt. Aber wir sind ja hier in Österreich.

Vielleicht gelingt es aber doch, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es auch in der Politik ein höheres Ziel gibt, als die Freunderlversorgung. In einem kleinen Land, in dem jeder jeden kennt, lässt sich Verhaberung zwar nicht verhindern. Aber man kann Grenzen setzen. Dafür braucht man:
•eine Staatsanwaltschaft, die nicht so einfach zurückgepfiffen werden kann und aus diesem Grund bei gewissen Skandalen aus vorauseilendem Gehorsam manchmal von selbst abblockt.
•eine wirklich unabhängige Finanzmarktaufsicht, bei der die Karrierechancen nicht vom Wohlwollen des Finanzministeriums abhängen.
•strikte Offenlegung aller Parteispenden. Es könnte nämlich durchaus sein, dass ein Teil des Buwog-Honorars seltsame Wege gegangen ist.
•und endlich eine klare, verbindliche Festlegung, wo Lobbying und „Consulting im High-End-Bereich“ aufhören und schlichte kriminelle Korruption beginnt.

Zu viel verlangt? Träumen wird man wohl noch dürfen.


josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2009)

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