Zumtobel: Ein Vorarlberger Leuchtturm trotzt der Geopolitik

Lichtlösungen für den Innen- und Außenraum: Darauf ist Zumtobel spezialisiert.
Lichtlösungen für den Innen- und Außenraum: Darauf ist Zumtobel spezialisiert.(c)Barbara Gindl/APA/ picturedesk.com
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Wenn eine einheimische Firma weiß, was Brexit heißt, dann Zumtobel. Man lernt, damit zu leben.

Wien. Wer schon Schlimmeres erlebt hat, wird gegenüber Hysterien, wie wir sie in den vergangenen Wochen gehäuft erleben, gelassener. So hätte etwa das Referendum in Italien oder die österreichische Präsidentenwahl weder einen negativen noch einen positiven Effekt auf das Geschäft des Vorarlberger Leuchtenherstellers Zumtobel, erklärt dessen Finanzvorstand, Karin Sonnenmoser, im Gespräch mit der „Presse“. Ja und selbst, was die politischen Veränderungen in den USA betreffe, so müsse man erst einmal abwarten, was sich da an wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wirklich ändere.

Das Schlimmere, das die Zumtobel Group erfahren hat, trug sich vor einem halben Jahr zu. Damals votierten die Briten für einen Austritt aus der EU. Und weil das Unternehmen etwa ein Fünftel, sprich 240 Millionen Euro, seines vorjährigen Umsatzes in Großbritannien generierte, bekam es diesen Schlag so ziemlich als Erstes zu spüren. Und zwar schon im Vorfeld, weshalb man im April bereits eine Gewinnwarnung ausgab, weil Kunden kurzfristig Aufträge zurückhielten.

Pfund macht zu schaffen

Ein halbes Jahr später allerdings steht fest: „Die Briten haben die Aufträge nicht final abgesagt, sondern nur zeitlich nach hinten geschoben“, so Sonnenmoser: „Inzwischen sind alle aufgeschobenen Aufträge wieder reingekommen. Wir sehen im Moment auf dem britischen Absatzmarkt keine negativen Effekte für uns.“

„Keine“ scheint freilich etwas übertrieben. Wie aus den am Dienstag vorgelegten Zahlen zum ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2016/2017 hervorgeht, fiel der Umsatz um 4,9 Prozent auf 667,3 Mio. Euro. Unternehmensangaben zufolge ging das vor allem auf die Abwertung des Britischen Pfunds, aber auch den Verkauf der Signage-Aktivitäten (Werbebeleuchtung) zurück. Im zweiten Quartal blieb man auch beim Gewinn unter den Analystenerwartungen. Für das gesamte erste Halbjahr allerdings konnte der Reingewinn (27,6 Mio. Euro) auf Vorjahresniveau gehalten werden, während man operativ (Ebit) um 19,9 Prozent deutlich zulegte.

Bei Zumtobel bleibt man dennoch vorsichtig. Für das Gesamtjahr rechnet man „mit einer leichten Verbesserung beim bereinigten Gruppen-Ebit“. Die Aktie, die am Montag mit plus 4,3 Prozent den ATX angeführt hatte, gab gestern im Handelsverlauf um bis zu elf Prozent nach.
Auf die großen Herausforderungen hat das Unternehmen mit seinen 5300 Mitarbeitern schon im Frühjahr zu reagieren begonnen. Zu den Kosteneinsparungen kamen Anstrengungen, den Produktmix zu verbessern.

Kursschwankung abfedern

Was konkret Großbritannien betrifft, so bedurfte und bedarf es natürlich anderer Maßnahmen. „Seit dem Referendum arbeiten wir daran, den Natural Hedge für uns positiv zu verändern“, so Sonnenmoser. Um die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben in Britischen Pfund zu reduzieren, würden etwa Materialien, die derzeit aus dem US- oder dem Euroraum bezogen werden, nun auf dem britischen Markt beschafft. „Das ist eine Möglichkeit, um Turbulenzen abzufedern“, sagt Sonnenmoser. Eine andere sei der Währungshedge, um sich gegen Wechselkursschwankungen abzusichern.

Zumtobel betreibt drei Fabriken in Großbritannien, die alle sehr gut ausgelastet sind. Dass man nun aufgrund der Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit dem Brexit die Abhängigkeit von Großbritannien reduzieren und andere Märkte stärker bearbeiten möchte, sagt man bei Zumtobel so nicht.

Man sei „unabhängig vom Brexit immer daran interessiert, dass wir Märkte stärken und ausbauen“, erklärt Sonnenmoser: „Vor allem in der Region DACH – die Abkürzung für Deutschland, Österreich und Schweiz –, die gemeinsam für knapp ein Drittel des Umsatzes stehen.

Schwerer Abschied

Regional breit aufgestellt ist Zumtobel ohnehin. Im Lauf von 50 Jahren hat das Unternehmen, das individuelle Lichtlösungen für den Innen- und Außenraum anbietet, eigene Vertriebsorganisationen in weltweit 23 Ländern und Vertretungen in über 50 Ländern aufgebaut. Trotzdem bereitet Großbritannien auch weiter Kopfzerbrechen. Gerade, was die Umsetzung des Brexit und die davon abhängigen makroökonomischen Eckdaten betrifft, spricht Sonnenmoser vorerst von einem „Stochern im Nebel“.

Fix ist für sie nur, dass im Fall einer Anwendung des Artikels 50 über den Austritt „die EU den Briten den Abschied sicher nicht sehr einfach machen, sondern eher sehr strikt vorgehen wird“. Die negativen Effekte würden aber eher Großbritannien treffen als die EU-Länder. Für Zumtobel als Exporteur das Schlimmste wären britische Importzölle.

Und was ist das Schlimmste am Standort Österreich? „Sicherlich die Bürokratie und Überregulierung den Unternehmen gegenüber. Man könnte den Unternehmen mehr Handlungsspielraum geben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2016)

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