Unter Finanzminister Grasser gab es Privatisierungen im Ausmaß von 6,2 Milliarden Euro. Nun fordert SP-Finanzsekretär Schieder, dass alle Vorgänge vom Rechnungshof geprüft werden.
Wegen der Ungereimtheiten beim Verkauf des Bundeswohnungspakets vor fünf Jahren fordert Finanz-Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) jetzt eine Sonderprüfung des Rechnungshofs (RH) für alle Privatisierungen des früheren Finanzministers Karl-Heinz Grasser. Sollte das Parlament nach dem RH-Bericht noch Fragen haben, "kann es diesen immer noch in einem Untersuchungsausschuss nachgehen", argumentierte Schieder im "Kurier" (Dienstag).
Klar sei, so der SPÖ-Staatssekretär, "der Sumpf, der sich da auftut, muss Schritt für Schritt trocken gelegt werden". Grasser sei jetzt "schon fast drei Jahre weg, und noch immer platzen solche Dinge auf". Wenn bei den Privatisierungen im Ausmaß von 6,2 Mrd. Euro in der Ära Grasser jedesmal ein Prozent Provision geflossen sei, "reden wir von 62 Millionen - an wen? Und vielleicht auch unversteuert?", fragt sich Schieder. Viele Grasser-Freunde würden heute noch in einflussreichen Positionen der Republik sitzen, etwa der frühere ÖIAG-Vorstand Rainer Wieltsch "in allen möglichen Aufsichtsräten".
ÖVP gegen Prüfung
Die ÖVP lehnt die von der SPÖ geforderte neuerliche Prüfung des Buwog-Verkaufs sowie alle weiteren Privatisierungen unter Ex-Finanzmininster Karl-Heinz Grasser ab. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka betonten am Dienstag vor dem Ministerrat, dass die Privatisierung der Bundeswohnungen bereits untersucht wurde. Auch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss braucht es für Mitterlehner in dieser Causa nicht.
"Ich brauche die politische Verantwortung nicht zu klären, das ist eh eindeutig klar, dass die der Finanzminister gehabt hat", verwies Mitterlehner auf den damaligen, von der ÖVP ins Amt gehievten parteifreien Ressortchefs Karl-Heinz Grasser. Dass dieser von den Aktivitäten seiner Freunde Walter Meischberger und Peter Hochegger rund um den Wohnungsverkaufs des Bundes 2004 nichts gewusst haben will, kommentierte Mitterlehner: "Man muss sich seine Freunde genau anschauen."
Pröll will nicht prüfen
"Verwundert" über die Forderung von Schieder nach einer Prüfung aller Privatisierungen unter Grasser hat sich Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) gezeigt. Der Rechnungshof habe den Buwog-Verkauf bereits zweimal "auf Herz und Nieren geprüft". Nun sei die Justiz gefordert, in der Affäre für "volle Transparenz" zu sorgen.
Nicht festlegen wollte sich Pröll, was mögliche weitere Rechnungshof-Prüfungen zu Privatisierungsvorgängen aus der Ära Grasser angeht. "Wenn der Rechnungshof prüfen will, soll er das tun", so der Finanzminister. Einen Untersuchungsausschuss zur Buwog-Affäre lehnt er weiterhin ab: "Ich sehe derzeit keine politischen Verfehlungen, die im Raum stehen."
Prüfung des Systems "Schwarz-Blau"
Die Grünen pochen weiterhin auf einen Untersuchungsausschuss zum Verkauf der Bundeswohnungen. Natürlich solle die Justiz ermitteln, erklärte Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Der geforderte U-Ausschuss müsse sich aber nicht nur mit der Buwog-Affäre, sondern mit dem "ganzen System unter Schwarz-Blau" auseinandersetzen, denn "Grasser stand oft im Zwielicht".
Rechnungshof: Provisionen nicht im öffentlichen Bereich
Rechnungshof-Präsident Josef Moser kann einer weiteren Rechnungshof-Prüfung der Buwog-Affäre sowie der Privatisierungen unter Grasser wenig abgewinnen. Im bereits seit 2007 vorliegenden Buwog-Prüfbericht seien "alle Fakten und Daten" aus dem öffentlichen Bereich enthalten. Auch die Privatisierungen der ÖIAG - also etwa den Verkauf der Austria Tabak und der VA-Tech-Bundesanteile - habe der Rechnungshof bereits untersucht, sagte Moser.
Eventuelle Provisionszahlungen des damaligen Buwog-Käufers Immofinanz an Freunde Grassers sind laut Moser allerdings der Prüfung des Rechnungshofs entzogen, weil sie außerhalb des öffentlichen Bereichs (nämlich durch die private Immofinanz) abgelaufen sind.
(APA)