Noch-Premier Renzi drängt nach der Referendumspleite auf einen Urnengang in Februar. Staatschef Mattarella winkt ab. Zuvor brauche es ein neues Wahlgesetz.
Kurz vor dem offiziellen Rücktritt von Ministerpräsident Matteo Renzi in Italien treten Spannungen zwischen ihm und Staatspräsident Sergio Mattarella auf. Während Renzi auf Neuwahlen im Februar drängt, die er als Spitzenkandidat einer Mitte-links-Koalition zu gewinnen hofft, will Mattarella keinen Urnengang ausschreiben, ohne dass zuvor Klarheit über das Wahlgesetz besteht.
Nach dem Wahlrecht "Italicum" vom Mai 2015 gilt für das Abgeordnetenhaus ein Mehrheitswahlrecht, das die Regierungsbildung grundsätzlich vereinfacht. Da im Senat jedoch weiterhin das Verhältniswahlrecht besteht, könnte es nach Neuwahlen weiterhin schwierig sein, eine handlungsfähige Regierungs-Mehrheit zu bilden. Anweisungen über mögliche Änderungen beim Wahlgesetz wird das Verfassungsgericht am 24. Jänner geben. Erst danach wird das Parlament erneut ein neues Wahlgesetz verabschieden können. Doch dafür brauchen die Volksvertreter Zeit.
Übergangsregierung erwartet
Neuwahlen im Frühjahr gelten eher als unwahrscheinlich, und erwartet wird daher, dass Mattarella eine Übergangsregierung einsetzt. Als künftige Regierungschefs werden in Rom unter anderem Finanzminister Pier Carlo Padoan, Senatspräsident Pietro Grasso und Außenminister Paolo Gentiloni gehandelt. Gegen eine Übergangsregierung wehren sich jedoch die Oppositionsparteien, die nach Renzis Demission Rückenwind wittern und auf sofortige Neuwahlen drängen. Zu ihnen zählt die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo, die ihre Mitglieder bereits aufgefordert hat, im Internet über künftige Kabinettsmitglieder und die Programmatik der künftigen Regierung abzustimmen.
Der Senat in Rom will am heutigen Mittwoch den Haushalt für 2017 absegnen. Danach könnte Renzi offiziell seinen Rücktritt einreichen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf Insider, Renzi werde wohl am Freitag zurücktreten.
Erwartet wird in Rom, dass Mattarella dann mit den Beratungen über das weitere Vorgehen beginnt. Das Staatsoberhaupt sagte einen am Mittwoch geplanten Besuch in Mailand und seine Beteiligung an der Saisoneröffnung der Mailänder Scala ab, um die politischen Entwicklungen in Rom genau verfolgen zu können.
Renzi berief für Mittwochnachmittag die Spitze seiner Demokratischen Partei (PD) zu einem Treffen ein, um über das Ergebnis der verlorenen Volksabstimmung vom Sonntag zu diskutieren und über das weitere Prozedere zu beratschlagen. Dabei will er bekanntgegeben, ob er trotz der Niederlage beim Referendum über seine Verfassungsreform gedenkt, an der Spitze der stärksten italienischen Partei im Parlament zu verbleiben.
(APA)