Nicht nur Italien muss neu geeint werden

File photo of Italian PM Renzi and Italy´s newly elected president Mattarella arrive at the Unknown Soldier´s monument in central Rome
File photo of Italian PM Renzi and Italy´s newly elected president Mattarella arrive at the Unknown Soldier´s monument in central Rome(c) REUTERS (REMO CASILLI)
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Matteo Renzi muss nach seinem Abgang als Premier seine eigene Partei kitten.

Rom. Die oberen zwei Knöpfe des blauen Hemds sind lässig aufgeknöpft, im Gesicht trägt er ein Lächeln. Aufgeräumt wirkte Italiens Noch-Premier Matteo Renzi, als er in der Nacht auf Donnerstag vor das rund 200-köpfige Direktorium seines Partito Democratico (PD) trat. Dabei herrscht Chaos, nicht nur im Land, auch in seiner Partei. Kämpferisch stellte er seine Sozialdemokraten auf das ein, was nun kommen mag – nur wenige Minuten bevor er bei Staatspräsident Sergio Mattarella offiziell seinen angekündigten Rücktritt als Ministerpräsident Italiens einreichte.

„Für uns wird es hart“

„Für uns wird es hart“, sagte Renzi zu seinen Parteikollegen. Damit dürfte er recht haben. Renzi steht vor einem Partito Democratico, der sich im Wahlkampf zum jüngsten Verfassungsreferendum noch mehr als zuvor in internen Streits verstrickt hat. In der eigenen Partei fanden sich lautstarke Gegner der Verfassungsänderung und somit Renzis, der das Referendum über die Reform am Sonntag klar verlor und daher nun, nach der Verabschiedung des Haushalts 2017 durch den Senat, zurückgetreten ist.Etwa Pier Luigi Bersani, Renzis Vorgänger als Parteichef, oder der frühere Ministerpräsident Massimo D'Alema. Sie waren medial dauerpräsent, um gegen die Reform Stimmung zu machen und so ihren Chef zu stürzen. Das kommentierte dieser am Mittwoch süffisant lächelnd mit den Worten: „Ich werde gleich meinen Rücktritt einreichen, und manch einer wird das wohl feiern.“ Aber er urteile nicht darüber, schob er hinterher.

Denn nun gilt es für Renzi, die Partei zu einen, die Minderheit, die gegen ihn ist, irgendwie auf seine Seite zu ziehen. Nur so könnte er erneut als Spitzenkandidat des PD bei einer Neuwahl oder der regulären Wahl 2018 antreten. Ein Szenario, was viele Beobachter in Rom für realistisch halten. Doch das ist nur leise Zukunftsmusik und viel Spekulation. Erst muss Präsident Mattarella entscheiden, wie es weitergeht. Bis Samstagabend wird der 75-jährige Verfassungsrichter Sondierungsgespräche mit den Präsidenten der Parlamentskammern, seinem Vorgänger Giorgio Napolitano und den Parteien führen. Der Partito Democratico, zu dem Mattarella gehört, spielt dabei eine Hauptrolle. Da die Sozialdemokraten die größte Partei sind, würde ein Nachfolger Renzis wohl von ihnen gestellt. Die andere Möglichkeit wäre eine Technokratenregierung unter Führung von Senatspräsident Pietro Grasso oder Finanzminister Pier Carlo Padoan (parteilos). Der Delegation, die am Samstag zu Mattarella kommt, werde er nicht angehören, erklärte Renzi.

Hindernisse für Neuwahltermin

Der PD scheue nicht Demokratie oder Wahlen. Man müsse jetzt aber auch Verantwortung zeigen, so der Parteichef – und spielte damit auf internationale Verpflichtungen an, die Italien in den kommenden Monaten zusätzlich zu den innenpolitischen Querelen haben wird.

Daher dürfte auch ein Termin für rasche Neuwahlen schwer zu finden sein. Ende Jänner wird das Verfassungsgericht über das Wahlgesetz entscheiden. Erst danach seien Wahlen denkbar, sagte der Staatspräsident. Aber auch nach dem Urteil wird es nicht leichter: Am 25. März feiert in Rom die EU die Unterzeichnung der Römischen Verträge, also die Gründung der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vor 60 Jahren. Die EU kann da einen Wahlkampf, der wohl auch von eurokritischen Tönen bestimmt wäre, nicht brauchen. Und Ende Mai steht Italien mit der Ausrichtung des G7-Gipfels erneut im internationalen Fokus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2016)

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