Die EZB hat eine Fristverlängerung für den Rettungsplan der italienischen Problembank abgelehnt. Nun muss Rom wohl in die Bresche springen. Dort herrscht aber politisches Vakuum.
Wien. Die Lage bei der ältesten Bank der Welt, der 1472 gegründeten Monte dei Paschi di Siena, wird immer ernster. Der Freitag sorgte für einen neuen Tiefpunkt: Ein abschlägiger Bescheid der EZB sorgte dafür, dass die Aktie der Bank um mehr als zehn Prozent nach unten rasselte und vom Handel ausgesetzt werden musste.
Dass es dem Institut schlecht geht, ist schon seit dem europäischen Stresstest im Sommer bekannt. Damals erzielte die drittgrößte Bank Italiens das schwächste Ergebnis aller getesteten Finanzinstitute – im Stressszenario fiel die Kernkapitalquote auf den Wert von minus 2,4 Prozent. Sämtliche Kapitalpolster der Bank würden also aufgezehrt.
Regierung zurückgetreten
Daher braucht die Bank dringend frisches Geld. Mittels einer Kapitalerhöhung sollen fünf Mrd. Euro aufgenommen werden. Bis Ende Dezember hätte die Transaktion abgewickelt werden sollen. Doch das wird sich nicht ausgehen. Man brauche mehr Zeit. Monte dei Paschi forderte von der Bankenaufsicht bei der EZB eine Fristverlängerung bis zum 20. Jänner. Diese wurde laut Informationen der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag verweigert. Damit steigt nun der Druck auf die Regierung in Rom, etwas zu unternehmen.
Doch diese Regierung ist derzeit ebenfalls nur eingeschränkt handlungsfähig. Denn der bis vor Kurzem amtierende Ministerpräsident Matteo Renzi trat am vergangenen Mittwoch zurück, weil er mit dem von ihm angestrengten Referendum über eine Verfassungsreform gescheitert ist. Ein neuer Regierungschef soll erst kommende Woche angelobt werden. Seine erste Maßnahme könnte die staatliche Rettung von Monte dei Paschi werden. Bankchef Marco Morelli traf sich deswegen am Freitag bereits mit Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan. Dem Vernehmen nach könnte innerhalb von wenigen Tagen der Staat gewichtige Anteile an der Bank übernehmen, um das Institut vor dem Kollaps zu bewahren.
Dies wäre eigentlich gegen den Geist der seit Anfang des Jahres geltenden neuen Regeln zur Bankenabwicklung. Demnach sollen zuerst die Anteilseigner und Gläubiger zur Kasse gebeten werden. Das ist jedoch wiederum politisch äußerst brisant. Denn 55 Prozent an Monte dei Paschi werden von 150.000 Kleinanlegern gehalten.
Allgemein wird daher erwartet, dass Italien eine mögliche Hintertür im Rahmen der „vorsorglichen Rekapitalisierung“ verwendet. Damit dürfen eigentlich keine alten Verluste abgedeckt werden. Der Plan in Rom soll aber vorsehen, die Nachranganleihen von 40.000Kleinanlegern zu kaufen und in Aktien umzuwandeln. Der Staatsanteil an der Bank würde so von vier auf 40Prozent steigen. Dies soll wiederum institutionelle Investoren doch noch überzeugen, bei der geplanten Kapitalerhöhung mitzumachen und das Institut so zu retten. Allerdings müsste diese Methode von der EZB und der EU-Kommission genehmigt werden.
Die Probleme von Monte dei Paschi hängen mit der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung des Landes zusammen. Rund 40 Prozent aller vergebenen Kredite werden nicht zurückgezahlt. Die Bank saß im Sommer daher auf einem Berg fauler Kredite in Höhe von 40 Mrd. Euro. 28 Mrd. Euro davon wurden seither verkauft, allerdings entstanden dabei hohe Verluste, die nun abgedeckt werden müssen.
Kein zweites Lehman
Offen ist, wie sehr sich ein Kollaps von Monte dei Paschi auf die europäische Bankenlandschaft auswirken würde. Laut Experten wäre er nicht mit dem Schock vergleichbar, den der Zusammenbruch von Lehman Brothers im Herbst 2008 auslöste. Die Probleme von Monte dei Paschi seien schon lang genug bekannt, sodass viele andere Banken sich darauf eingestellt hätten.
Indirekt könnte ein Kollaps jedoch sehr wohl Kreise nach sich ziehen. Er würde vor allem das Vertrauen in den Bankensektor Italiens stark in Mitleidenschaft ziehen. Das wäre vor allem für die Bank-Austria-Mutter Unicredit problematisch. Denn auch die größte italienische Bank braucht dringend Geld. Bereits kommende Woche könnte eine Kapitalerhöhung von bis zu 13 Mrd. Euro bekannt gegeben werden. (jaz/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2016)