Der Kampf um die blauen Wähler

Archivbild: FPÖ-Anhänger auf einer Wahlkampfveranstaltung 2013
Archivbild: FPÖ-Anhänger auf einer Wahlkampfveranstaltung 2013APA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Während die SPÖ der FPÖ offener begegnet, will sich nun die ÖVP deutlicher abgrenzen. Und so den Freiheitlichen Wähler abspenstig machen.

Auch wenn FPÖ-Kandidat Norbert Hofer die Präsidentschaftswahl verlor, bleibt die Frage des Umgangs mit den Freiheitlichen die bestimmende in der österreichischen Innenpolitik. Während SPÖ-Kanzler Christian Kern im Vergleich zu seinen Vorgängern einen deutlich offeneren Kurs zu den Blauen fährt - und die FPÖ bereits Klopfgeräusche beider Koalitionsparteien zu vernehmen meint - will sich nun die ÖVP verstärkt von der FPÖ abgrenzen. Bei beiden Parteien steckt freilich dasselbe Ziel dahinter: Nämlich, den laut Umfragen in der Wählergunst nach wie vor auf Platz eins liegenden Freiheitlichen Wähler abspenstig zu machen.

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sagt das auch ganz offen. „Meiner Meinung nach ist die FPÖ derzeit unser größter Konkurrent. Nicht die Sozialdemokraten, da gibt es kaum einen Wähleraustausch“, erklärte er gegenüber der „Kronen Zeitung“. Bei der nächsten Nationalratswahl werde es die Aufgabe sein. „alles dafür zu tun, dass Strache nicht Bundeskanzler wird“. Gelingen soll das der ÖVP durch eine stärkere Abgrenzung. „Wir müssen darstellen, dass wir die besseren Konzepte haben und uns im Gegensatz zur FPÖ auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit bewegen. Ich sehe in dieser Auseinandersetzung, die wir bisher viel zu wenig geführt haben, große Chancen“, sagte Mitterlehner.

Szenenwechsel in die rote Reichshälfte. Dort hatte Parteichef Christian Kern bereits zuletzt für ein Auftauen der Eiszeit gegenüber der FPÖ gesorgt, in dem er sich gemeinsam mit dem blauen Obmann Heinz-Christian Strache einer teils amikal geführten Radiodebatte stellte. Im Interview mit der deutschen „Bild am Sonntag“ untermauerte Kern nun den neuen Kurs. Es sei keine Erfolgsstrategie, Parteien wie die FPÖ oder die AfD zu tabuisieren oder deren Wähler zu ächten, erklärte er.

Von dieser Taktik könnten diese Parteien nur profitieren, wie das Beispiel Österreich zeige. So konnte die FPÖ „beleidigt in eine Ecke flüchten und sich als Opfer darstellen. Das hat sie unnötig mystifiziert und zum vermeintlichen Rächer der Enterbten gemacht“. Als Alternative zur Ausgrenzung schwebt dem Bundeskanzler eine inhaltliche Auseinandersetzung vor: „Dann zeigt sich ziemlich schnell, wie wenig Substanz da ist“, erklärte er in Richtung der Freiheitlichen.

Die SPÖ muss danach trachten, die in Scharen zur FPÖ übergelaufene Arbeiterschaft wieder zurückzuholen. Zudem hatte die Ablehnung der FPÖ auch den Spielraum der SPÖ bei Koalitionsverhandlungen in der Vergangenheit eingeschränkt. Nutznießer war oft die ÖVP, die etwa in der Steiermark der SPÖ vor dem Drohszenario von Schwarz-Blau sogar den Landeshauptmansessel abluchste. Im Burgenland hingegen brach SPÖ-Chef Hans Niessl bereits das bisherige Tabu, in dem er mit einer rot-blauen Koalition seine Macht absicherte.

Grün: Kein Linkspopulismus

Die Grünen wollen sich hingegen weiterhin stark von der FPÖ abgrenzen, wie der Auftritt von Parteichefin Eva Glawischnig in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag zeigte. Auch das Einschlagen eines linkspopulistischen Kurses, um mehr Wähler zu gewinnen, schloss Glawischnig aus: „Von Populismus haben wir in diesem Land wirklich genug.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Parteichef Reinhold Mitterlehner (links) und Generalsekretär Werner Amon wollen das Profil der ÖVP schärfen.
Innenpolitik

ÖVP umschifft die Personaldebatte

Obmann Reinhold Mitterlehner will mit inhaltlichen Ansagen zu Arbeitsmarkt und Sicherheit punkten. Doch in der Partei rumort es, die Personaldebatte ist nur aufgeschoben.
ÖVP will Bürgern "Zukunftssicherheit geben"
Politik

ÖVP will Bürgern "Zukunftssicherheit geben"

Die Volkspartei setzt auf die Schwerpunkte Arbeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Personaldebatte gebe es keine, wird betont.
Josef Pühringer
Politik

Personaldebatte in der ÖVP? "Das waren Geplänkel"

Die ÖVP ist bemüht, wieder zur Tagesordnung zurückzukehren. "Wir haben einen gewählten Parteiobmann", betont Oberösterreichs Landeschef Pühringer.
Mitterlehner und Kurz
Politik

ÖVP setzt Schwerpunkte für 2017 - "bei guter Stimmung"

Die Parteivorstandssitzung endete ohne personelle Umbildungen - die jüngsten Personaldiskussionen kamen dennoch am Rande zur Sprache.
ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner.
Innenpolitik

ÖVP tagt zu ihrer Zukunft

Nicht personelle Debatten, sondern inhaltliche Schwerpunkte sollten bei der Parteisitzung Thema sein.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.