Eine gemeinsame Erklärung der EU-Außenminister über die Position zur Türkei scheitert am Veto Österreichs. Man sei sich aber einig, dass keine weiteren Beitrittskapitel eröffnet werden.
Ein Veto aus Österreich. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat seine Drohung wahr gemacht und eine gemeinsame Erklärung der EU-Außenministerrats zur Türkei verhindert. Das wurde bekannt, weil der schwedische Botschafter Lars Danielsson aus dem Rat twitterte: "Österreich blockiert die Schlussfolgerungen des Allgemeinen Rates wegen der Türkei. Aber Konsens unter den anderen 27". Die Nicht-Einigung hat keine unmittelbaren Konsequenzen.
Wenig später verkündete Kurz selbst: Es würden keine weiteren Verhandlung-Kapitel mit der Türkei eröffnet werden, darin sei man sich einig. Kurz sieht in der österreichischen Vetohaltung auch das Signal, dass das Europaparlament "nicht irrelevant" sei, wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gesagt habe.
Kurz erwartet, dass es weitere EU-Diskussionen zur Türkei geben wird, vielleicht schon beim EU-Gipfel. Die Kluft sei nicht gelöst. Die EU habe noch nicht ausreichend eine ehrliche Positionierung zur Türkei. "Wir sind es den Menschen schuldig, die in der Türkei unterdrückt werden", rechtfertigte Kurz seine Position. "Auch Politiker, die sich in den Spiegel schauen wollen", müssten auf Fehlentwicklungen reagieren.
Der slowakische EU-Ratsvorsitzende Außenminister Miroslav Lajcak erklärte, dass "nur eine Delegation" ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wollte. Ohne Österreich namentlich zu nennen, sagte Lajcak, dass dies '"allerdings nicht auf die Unterstützung" der breiten Mehrheit der anwesenden Mitgliedsstaaten getroffen sei. Jedenfalls werde nach der Blockade Österreichs für eine einstimmige Erklärung zur Türkei das Thema nicht am EU-Gipfel am Donnerstag offiziell behandelt. Es werde dazu keine Gipfelerklärung geben.
Kein Kompromiss gefunden
Am vehementesten sei Großbritannien für die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei eingetreten, sagte Kurz, der dies nicht nachvollziehen kann, da Großbritannien selbst nicht mehr dem Projekt der Europäischen Union angehören möchte. "Wir haben natürlich Verbündete gehabt, sonst hätte sich der Text nicht so weit verändert", sagte der Außenminister in Hinblick auf das Statement der slowakischen EU-Präsidentschaft. Großbritannien sei immer hart bei Russland, gab Kurz zu bedenken.
"Sympathieträger gab es einige", so Kurz. Die Niederlande hätten sich sehr stark eingebracht, "der große Verbündete ist das Europäische Parlament". Es sei "keine Überraschung", dass die Meinungen zur Türkei unterschiedlich seien.
Seit gestern ringen die EU-Staaten um einen Kompromiss zur Türkei. Es hatte sich abgezeichnet, dass es am Dienstag keine Einigung geben wird. Die slowakische EU-Ratspräsidentschaft habe in Gesprächen versucht, das Ratspapier zu retten, hieß es. Aus Kreisen der Präsidentschaft hieß es, dass für die anderen Delegationen ein "Einfrieren" in dem Text zur EU-Erweiterungspolitik keine Option sei.
Auch Deutschland und Frankreich lehnen ein Aussetzen der Türkei-Gespräche ab. Der französische Europaminister Harlem Desir sagte am Dienstag in Brüssel: "Man darf nicht den Dialog suspendieren, aber man muss klar sagen, dass die Distanzierung, die Herr (der türkische Präsident Recep Tayyip, Anm.) Erdogan zwischen der EU und der Türkei vornimmt, seine Verantwortung ist, und dass der Dialog in aller Klarheit geführt wird über die Grundsätze und über die Werte."
(APA/Red.)