Wie die ÖVP wieder zu Luft kommt

In Graz in einer funktionierenden Koalition mit der SPÖ: ÖVP-Landesrat Drexler (links) und LH Schützenhöfer.
In Graz in einer funktionierenden Koalition mit der SPÖ: ÖVP-Landesrat Drexler (links) und LH Schützenhöfer.(c) APA/ERWIN SCHERIAU
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Man solle sich zur Opposition abgrenzen, Schwarz-Blau aber als Option offenhalten, und vor allem endlich als Regierung zusammenwirken, meint Landesrat Drexler.

Wien. Es ist eine Botschaft, die ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner auch in seinem Referat vor dem ÖVP-Parlamentsklub am Dienstag noch einmal verdeutlichte. Die Volkspartei solle sich künftiger stärker von den Freiheitlichen abgrenzen, so an Profil und an Wählern gewinnen, lautet Mitterlehners Kernthese.

Die ÖVP sucht die richtige Taktik, um bei der nächsten Nationalratswahl trotz der momentan schwachen Umfrageergebnisse reüssieren zu können. Aber wird es dazu reichen, die FPÖ verstärkt anzugreifen? „Dem Vernehmen nach sind wir mit den Sozialdemokraten in einer Koalition,“, konstatiert Christopher Drexler, ÖVP-Gesundheitslandesrat in der Steiermark, als er von der „Presse“ zum Thema befragt wird. Und genau hier gelte es primär anzusetzen, bei der Regierungsarbeit, meint der Steirer. Bis zur Präsidentschaftswahl am 4. Dezember habe eine „quecksilbrige, nervöse Stimmung“ in der Koalition geherrscht. „Jetzt ist die Wahl geschlagen, und es ist an der Zeit, Luft zu holen“, sagt Drexler. „Es wäre vor allem notwendig, dass die Regierung zusammenarbeitet“, meint der Landesrat. Das sei wichtiger als der Umgang mit der FPÖ.

Wobei der grundsätzliche Gedanke, die Gegnerschaft zu den Freiheitlichen stärker zu betonen, schon richtig sei. Man solle aber gleich gegenüber allen Oppositionsparteien zeigen, dass man die besseren Lösungen anbiete, meint Drexler. Denn tatsächlich stehe man auf dem Wählermarkt als Regierungspartei immer in Konkurrenz zur Opposition und nicht so sehr im Wettbewerb mit dem Koalitionspartner.

Die Worte aus der grünen Mark sind deswegen von besonderem Interesse, weil dort noch eine funktionierende rot-schwarze Koalition am Werk ist. Auch sie nutzte den Dienstag, um sich im Zuge der Budgetdebatte im Landtag verstärkt von der Opposition abzugrenzen. Wenngleich die Zeiten der in enger Zusammenarbeit agierenden steirischen „Reformpanther“ Franz Voves und Hermann Schützenhöfer vorbei sind, hält die vom nunmehrigen ÖVP-Landeshauptmann Schützenhöfer gemeinsam mit dem rote Vize, Michael Schickhofer, geführte Koalition im Großen und Ganzen zusammen.

Gegen „schwarz-blaue Wichtigtuerei“

Wobei die ÖVP nach dem Willen der Steirer auch auf Bundesebene gut beraten wäre, sich einer möglichen Koalition in Richtung FPÖ nicht zu verschließen. Auch wenn Generalsekretär Werner Amon, ebenfalls Steirer, zuletzt erklärte, dass man die FPÖ nur sehr schwer an der Regierung werde beteiligen können, wenn sie nicht von ihrer EU-kritischen Haltung abgeht. „Jeder einigermaßen Vernunftbegabte wird sich alle Koalitionsoptionen offenhalten, so auch der Werner, nehme ich an“, sagt Drexler. Zudem würde die europapolitische Position einer in Regierungsverantwortung stehenden FPÖ wohl ohnedies eine andere sein, glaubt Drexler. Was es aber momentan in der ÖVP nicht brauche, sei eine „peinliche, permanente schwarz-blaue Wichtigtuerei aus der zweiten und dritten Reihe“, erklärt der Landesrat. Offenbar ein Seitenhieb auf den oststeirischen Klubobmann im Nationalrat, Reinhold Lopatka, der als Querverbinder ins dritte Lager gilt.

Dass man mit Kritik an der FPÖ allein die Wahl nicht wird gewinnen können, meinen freilich neben steirischen Stimmen auch welche aus anderen Bundesländern, wenngleich meist unter vorgehaltener Hand. Das Um und Auf für die ÖVP sei das Anpacken der richtigen politischen Themen, wird betont.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2016)

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