Kern nennt türkischen Konfrontationskurs "völlig überzogen"

Kern mit Kommissionspräsident Juncker und Noch-Parlamentspräsident Schulz
Kern mit Kommissionspräsident Juncker und Noch-Parlamentspräsident SchulzAPA/AFP/EMMANUEL DUNAND
  • Drucken

Es gehe nicht um mangelnde Höflichkeit, sondern um inhaltlichen Dissens, stellt sich Kern hinter Außenminister Sebastian Kurz.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat die Reaktion der Türkei auf die österreichische Forderung nach dem Einfrieren der EU-Beitrittsgespräche mit Ankara als "völlig überzogen" bezeichnet. "Mangelnde Höflichkeit ist überhaupt nicht der Punkt, es gibt inhaltlichen Dissens", sagte Kern nach dem EU-Gipfel am späten Donnerstagabend in Brüssel.

Die österreichische Position sei, dass "ein EU-Beitritt der Türkei nicht infrage" kommt, betonte Kern. Allerdings werde stets betont, die Türkei sei "ein wichtiger Partner" etwa in der Wirtschaft- und Sicherheitspolitik sowie in der Flüchtlingsfrage. Auch setze das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, mit dessen Aufkündigung Ankara der EU oftmals droht, "uns nicht einer einseitigen Erpressung" aus, sagte der Bundeskanzler im Hinblick auf die wirtschaftliche Abhängigkeit der Türkei. Es gebe "viel zu gewinnen und viel zu verlieren - auf beiden Seiten."

Türkei warf Wien mangelnde Höflichkeit vor

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte zuvor mit scharfer Kritik auf Österreichs Forderung nach einem Einfrieren der EU-Beitrittsverhandlungen reagiert und einen Konfrontationskurs angekündigt. Er werde von nun an "auf allen Ebenen gegen Österreich auftreten", sagte Cavusoglu laut Medienberichten vom Donnerstag.

Die Verhinderung einer gemeinsamen Erklärung des EU-Ministerrats vor zwei Tagen zu den Beitrittsgesprächen durch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) bewertet der Bundeskanzler nicht als "provokant". "Das ist die Position Österreichs", verteidigte Kern das Handeln des Außenministers. Allerdings sei die Suche nach Bündnispartnern unter den EU-Staaten gescheitert, auch in Zukunft sehe er keine Mehrheit dafür. "Wenn die 27 diese Sorgen nicht teilen, wäre das für Österreich keine Grundlage, in eine Blockade zu gehen", so Kern.

Aus Erfahrung mit der Diskussion um das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA), in der Österreich ebenfalls Protest anmeldete, wisse er, dass "alle Dinge einen Preis" haben. Und das müsse man sich auch in Richtung der Türkei-Frage überlegen, betonte Kern. "Ich sehe das durchaus mit einem Anflug an Selbstkritik."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

TURKEY-CZECH-DIPLOMACY
Außenpolitik

Ankara auf Konfrontation mit Wien

Aus Protest gegen das EU-Veto von Außenminister Sebastian Kurz will sich der türkische Außenminister, Mevlüt Çavuşoğlu, „auf allen Ebenen“ gegen Österreich stellen.
TURKEY-POLITICS
Außenpolitik

Türkei: Konfrontationskurs gegen Österreich "auf allen Ebenen"

Außenminister Mevlüt Cavusoglu will "auf allen Ebenen" gegen Wien auftreten. In der Visa-Frage zeigt er sich ebenfalls unzufrieden.
Außenminister Kurz, EU-Kommissar Johannes Hahn und der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak.
Europa

Österreich blockiert EU-Erklärung zu Türkei

Eine gemeinsame Erklärung der EU-Außenminister über die Position zur Türkei scheitert am Veto Österreichs. Man sei sich aber einig, dass keine weiteren Beitrittskapitel eröffnet werden.
Außenminister Sebastian Kurz hält es für einen Mythos, dass die griechische Seegrenze zur Türkei nicht geschützt werden kann.
Europa

Kurz: „Die Türkei liefert täglich neue Argumente“

In Brüssel wird um die Haltung gegenüber Ankara gerungen. Österreich fordert Verhandlungsstopp, Deutschland will Gesprächskanäle offen halten.
Sebastian Kurz
Europa

Kurz hat in der Türkei-Frage alle EU-Größen gegen sich

EU-Kommissionspräsident und EU-Ratsvorsitz sind gegen ein explizites Ende der Verhandlungen mit der Türkei. Auch Deutschland übt Kritik an Österreichs Haltung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.