Leute, die das Salz vom Salzstangerl kratzen

(c) Clemens Fabry
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Gerade das bisschen Zuviel ist es doch, das den eigentlichen Genuss ausmacht.

Wer keine Rosinen mag, wird keine Rosinenbrötchen kaufen. Wer eine Fischallergie hat, wird sich keine Fischsuppe bestellen. Und wer mit Weihnachten ein Problem hat, wird keine Weihnachtskekse backen. So weit, so logisch. Warum gibt es dann aber Menschen, die ein Salzstangerl kaufen, nur um das Salz wieder herunterzukratzen? „Weil ich schon ein bisschen Salz will. Aber nicht zu viel eben.“ Live life to the max, Bussibär! Und als Nächstes löffeln wir eine Schicht aus der Cremeschnitte zur Seite? Weil ein bisschen süß und fett will man es schon, aber nicht zu viel eben? Gerade das bisschen Zuviel ist ja das, was es ausmacht. Die beste Stimmung im Lokal ist immer kurz nach der eigentlichen Sperrstunde. Wer aus dem Prater geht, ohne dass der im Karussell angeworfene Drehwurm Langos, Pommes und Zuckerwatte im Magen zu einer flauen Mischung schaukelt, hätte auch gleich daheim bleiben können. Und erst der Zuckerschock beim Anblick der verbliebenen Brösel in der Keksdose – ohne den wäre Weihnachten doch nicht einmal annähernd so klingelingeling.

Aber gut, der Kunde hat immer recht. Also muss der Fehler bei der Salzstangerlindustrie liegen. Und irgendwo sitzt ein externes Beratungsteam bereits über einem Konzept für custom-made Salzstangerln. Bei denen kann der Kunde beim Kauf angeben, wie viele Körner er nun auf dem Gebäck haben möchte. Noch wird darüber gebrütet, ob die Körnung in Zehnerschritten verändert wird, oder ob man sich tatsächlich darauf einlässt, punktgenau jedes einzelne Salzkorn zu zählen. In Diskussion sind auch Stufen, von salzlos über salzarm bis zu Salzburg – und für besonders Wagemutige (ab 18 Jahren und mit Warnung) gibt es Salar de Uyuni, eine Stange aus Salz mit ein paar Weißgebäckkrümeln drauf. Die kann man ja im Notfall immer noch runterpfriemeln. So wie die Vanille von den Kipferln. Viel Spaß dabei.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2016)

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