Die Bundestheater als ewige Baustelle und Intrigenstadel

(c) Clemens Fabry
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Dieser Tage wird feststehen, wer die Geschicke der Wiener Staatsoper bis zum Jahr 2025 führen soll. Währenddessen arbeiten die Mühlen im Hintergrund an einer Rückführung der 1999 erreichten "Ausgliederung" der Bundestheater.

Wer Staatsoperndirektor ist, darüber wird in diesem Land seit jeher gern gestritten. Auseinandersetzungen über kulturpolitische Fragen kulminieren in Österreich spätestens dann, wenn Wohl und Wehe der Salzburger Festspiele ausdiskutiert sind, refrainartig in Meinungsäußerungen zu diesem Thema.

Wer ein wenig zurückblättert, findet schon zu Kaisers Zeiten heftige Attacken gegen Gustav Mahler, den die Zeitgenossen keinesfalls einhellig so groß fanden wie die öffentliche Meinung 100 Jahre später gern wahrhaben möchte. Mahler war Hofoperndirektor von 1897 bis 1907.

60 Jahre später amtierte in der nach dem Krieg wieder errichteten Staatsoper Herbert von Karajan – im Rückblick fraglos die bedeutendste Dirigentenpersönlichkeit der zweiten Jahrhunderthälfte, doch seinerzeit so lang im Kreuzfeuer der Kritik, bis er demissionierte; 1962 konnte man ihn noch zurückhalten, zwei Jahre später war die Ära Karajan zu Ende. Heute gilt sie als legendär.

Wie die Nachwelt über die Staatsopern-Wirklichkeit des angehenden 21. Jahrhunderts richten wird, steht in den Sternen. Kulturminister Drozda muss sich als Wahrsager üben und wird dieser Tage über den Kurs des Hauses zwischen 2020 und 2025 entscheiden. Das muss so früh geschehen, denn im Opernbetrieb sind die Vorlaufzeiten enorm. Die Weltstars, die der luxuriöse Wiener Opernbetrieb zur Aufrechterhaltung seiner internationalen Strahlkraft braucht, wollen schon Jahre im Vorhinein engagiert sein.

Nun spricht viel dafür, einen Ozeandampfer wie das Haus am Ring nicht vom Kurs abzubringen, wenn die Richtung offenkundig stimmt. Gewiss wird immer wieder Kritik laut, dass Auslastungsziffern, wie sie die Staatsoper schon in der Zeit des früheren Direktors Ioan Holender präsentiert hat, nicht wirklich aussagekräftig seien.

Schon Giuseppe Verdi meinte, wenn er wissen wolle, ob eine Oper erfolgreich sei, lasse er sich den Kassenrapport zeigen. In diesem Sinne konnte der amtierende Staatsoperndirektor, der Franzose Dominique Meyer, die Erwartungen weit übertreffen. Im Vergleich zur Ära Holender stiegen die Einnahmen um 25 Prozent, von rund 28 auf etwa 35 Millionen Euro. Anders als Auslastungsziffern lassen sich diese Zahlen nicht beschönigen. Sie sprechen dafür, dass die gebotene Qualität vom heimischen wie vom internationalen Publikum (das laut jüngster Statistik ungefähr 30 Prozent der Besucher stellt) gewürdigt wird.

Nun rumort es – abgesehen von unwägbaren ästhetischen Richtungsstreitigkeiten zwischen Vertretern des sogenannten Regietheaters deutscher Provenienz und Kennern, deren Horizont über die Grenzen des deutschsprachigen Raums hinausreicht – im Gebälk, denn hinter den Kulissen arbeitet man, wie berichtet, in der Bundestheater-Holding daran, die kaufmännischen Leitungen der Häuser, Burgtheater, Staats- und Volksoper, zusammenzulegen und dem Holding-Chef zu unterstellen.

Rückführung der finanziellen Agenden

Damit wäre eine saubere Trennung der Agenden, wie sie nach zähen Verhandlungen im Jahr 1999 mit der „Ausgliederung“ der Häuser erzielt wurde, mit einem Federstrich wieder zunichtegemacht. Verständlich wird dieses Vorhaben vielleicht vor dem Hintergrund der Finanzkrise, in die das Burgtheater zuletzt geschlittert ist. (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2016)

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