Kritik an "Geisterfahrt" der FPÖ nach Moskau

ÖVP kritisiert "Geisterfahrt" der FPÖ nach Moskau
ÖVP kritisiert "Geisterfahrt" der FPÖ nach Moskau(c) APA/FPÖ LINZ (FPÖ LINZ)
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Die FPÖ schließt einen Fünfjahrespakt mit der Putin-Partei und verpflichtet sich dabei, die „junge Generation im Geiste von Patriotismus und Arbeitsfreude“ zu erziehen.

Wien/Moskau. Der Vertrag hat nicht mehr als zwei Seiten – aber politisches Gewicht. Die FPÖ-Spitze, die in Moskau weilte, hat gestern, Montag, einen Fünfjahrespakt mit der Putin-Partei Einiges Russland unterzeichnet. Das sorgte, in einer Zeit, in der die EU angesichts der Ukraine-Krise an ihren Sanktionen gegen Russland festhält und das russische Vorgehen im syrischen Aleppo von vielen Staaten verurteilt wird, für harsche Kritik der politischen Konkurrenz – von „außenpolitischer Geisterfahrt“ (Zitat der ÖVP) und „geistiger Umnachtung“ (Zitat der SPÖ) war da etwa die Rede.

Zehn Punkte umfasst der von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Sergej Schelesnjak, dem stellvertretenden Sekretär des Generalrates von Einiges Russland, unterzeichnete Vertrag (Wortlaut siehe Artikel links). Schelesnjak steht seit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland auf der EU-Sanktionsliste. Im Arbeitsübereinkommen, in dem sich die Parteien zur „gegenseitigen Nichteinmischung in innere Angelegenheiten“ verpflichten, werden unter anderem regelmäßige Delegationsbesuche und eine wirtschaftliche Zusammenarbeit vereinbart. Außerdem will man sich über „gesetzgeberische Tätigkeiten“ und „Erfahrungen im Bereich Parteiaufbau“ austauschen. Brisant ist die Vereinbarung über die Kooperation gesellschaftlicher Organisationen. Zweck dieser Kooperation sei laut Vertrag u.?a. die „Erziehung der jungen Generation im Geiste von Patriotismus und Arbeitsfreude“.

Inszenierung als Brückenbauer

Auf Facebook inszenierte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache die FPÖ als „Brückenbauer und Friedensstifter“ sowie als „neutralen und verlässlichen Vermittler“. Vor wenigen Wochen habe man sich mit hochrangigen Vertrauten des nächsten US-Präsidenten, Donald Trump, getroffen. Nun sei man eben nach Moskau gereist. „Die FPÖ gewinnt international weiter an Einfluss“, so Strache. Er wolle sich um eine „diplomatische Befriedung der Konflikte in Syrien und auf der Krim“ bemühen und „die für die Wirtschaft schädlichen und letztendlich nutzlosen Sanktionen streichen“.

Auch von russischer Seite wurde die Vertragsunterzeichnung beklatscht. Wobei die überparteiliche Freundschaft offenbar noch vertieft werden muss. In der ursprünglich von der Putin-Partei veröffentlichten Pressemeldung schien Schelesnjak noch davon auszugehen, dass nicht Norbert Hofer, sondern Strache für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte. Der Fehler wurde später korrigiert.

In Österreich sorgte die öffentlich besiegelte Freundschaft zwischen FPÖ und Einiges Russland für Unmut – und zwar quer durch die Parteien. Es sei ein „unsensibler Zeitpunkt“ und „grob daneben“, sagt ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, der sich ohnehin weiter von der FPÖ abgrenzen möchte. Von einer „außenpolitischen Geisterfahrt auf dem Roten Platz“ sprach ÖVP-Generalsekretär Werner Amon.

"Kälte in Moskau den Herren in den Kopf gestiegen"

Ähnlich scharfe Worte fand die SPÖ, die sich erst kürzlich auf die Freiheitlichen zubewegte. Der Pakt sei „jenseitig“. „Offensichtlich ist die Kälte in Moskau den Herren in den Kopf gestiegen“, so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler. Er könne eine finanzielle Unterstützung der FPÖ durch Russland, über die ob des ständigen Kontakts immer wieder spekuliert wurde, nicht ausschließen, so Niedermühlbichler. Er hoffe aber, „dass die FPÖ nicht so weit sinkt, sich von Russland finanzieren zu lassen“.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) stört sich vor allem an der vereinbarten „Erziehung im Geiste von Patriotismus und Arbeitsfreude“. Es handle sich um „Jugenderziehung im Geiste der 50er Jahre“. Das sei eine „skurrile Form von Außenpolitik“ und „eine Verhöhnung des modernen Österreichs“. Die Grünen sehen in dem Fünfjahrespakt den „europafeindlichen Kurs der FPÖ“ zurückkehren. Die Freiheitlichen seien „die fünfte Kolonne Putins in Europa“.

Vereinbarung zwischen FPÖ und "Einiges Russland"
Vereinbarung zwischen FPÖ und "Einiges Russland"(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)

Die FPÖ selbst sieht sich durch die kritischen Töne sogar noch bestärkt: „Neid ist die schönste Form der Anerkennung!“, postete Strache. In der ZIB2 erklärte er, die Initiative für die Zusammenarbeit sei von Russland ausgegangen. Die Sanktionen der EU lehnte er abermals ab, sie seien ein Nachteil für Österreich. Es gelte für die Krim eine diplomatische Lösung zu finden.

Wobei der außenpolitische Kurs – wenn auch nicht explizit jener mit Russland – parteiintern nicht von allen goutiert wird. „Übertriebene Freudenbekundungen aus dem Ausland schaden uns“, sagte Oberösterreichs FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner in einem „Kurier“-Interview am Wochenende. Vor allem die Nähe zur deutschen AfD und dem französischen Front National könne „so manche abschrecken“. Parteichef Strache hat für die abweichende Meinung eine Erklärung: „Da hat der Kurier eine falsche Überschrift gebracht. Das hat Haimbuchner nicht so gesagt.“

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