Aleppo: Bilder eines Verfalls

Ein Einkaufszentrum in Aleppo vor und nach dem Krieg.
Ein Einkaufszentrum in Aleppo vor und nach dem Krieg.REUTERS/Khalil Ashawi (L)/Abdalrhman Ismail
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Die einstige Metropole ist nicht nur ein Symbol für das menschliche Leid im Syrienkrieg, auch unzählige Kulturschätze fielen dem Konflikt zum Opfer.

Einst war Aleppo eine glitzernde Handelsmetropole. 2,5 Millionen Menschen lebten hier vor dem Krieg. Während der Westen Aleppos, das seit Kriegsbeginn von der Regierung unter Bashar al-Assad kontrolliert wird, bis auf ein paar vereinzelte Raketenanschläge unversehrt blieb, liegen die einstigen Rebellengebiete im Osten in Trümmern. Zur Zeit der Belagerung waren hier 250.000 Menschen eingeschlossen.

Nach einer wochenlangen Offensive der Regierungstruppen und ihrer Verbündeten mit heftigen Gefechten und Bombardements fielen vergangene Woche immer größere Teile Ostaleppos, das von einigen mehr oder weniger radikalen Rebellengruppen kontrolliert worden war, in die Hände der Regierung. Seitdem sind Zehntausende auf der Flucht. 31.000 Menschen aus Aleppo sollen in den vergangenen vier Jahren getötet worden sein.

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Doch nicht nur die Bevölkerung litt unter dem Kampf um die Stadt, die mehr als jede andere zu einem Symbol für den syrischen Bürgerkrieg mit mehr als 400.000 Toten wurde. Abseits des menschlichen Leids trauern Historiker um die heute großteils zerstörte Altstadt, die 1986 von der UNESCO als Weltkulturerbe eingestuft wurde. Erst 2004 war sie wieder komplett restauriert worden.

Nur die Zitadelle von Aleppo, eine der ältesten und größten Festungen der Welt, blieb weitaus unversehrter als der Rest der Stadt. Ein Großteil der Bauten der alten Burg stammt aus dem 13. Jahrhundert. Vergangenes Jahr stürzten Teile der Wehrmauer bei einer Explosion in einem Tunnel unter dem Gemäuer ein. Unklar war, ob Regierungssoldaten oder Islamisten die Detonation zu verantworten hatten. 2012 war bereits das Eingangstor der Festung schwer beschädigt worden.

Schwere Schäden erlitt der Markt von Aleppo, der "Souk". Mit seinen 13 Kilometer langen Gassen galt er als einer der größten überdachten Marktplätze der Welt. Bei Kämpfen 2012 und 2013 fielen große Teile des orientalischen Basars in sich zusammen.

Auch die Umayyaden-Moschee fiel den Gefechten zum Opfer: 2013 stürzte das Minarett der ehemaligen katholischen Kathedrale, die Johannes dem Täufer geweiht war, ein. Es war der älteste Teil des Gebäudes, das im 11. und 12. Jahrhundert errichtet worden war. Auch die anderen Teile des muslimischen Gotteshauses sind von den Kämpfen gezeichnet: Die Wände sind übersäht mit Einschusslöchern. Exp

erten setzten die Zerstörung der Moschee mit einem Angriff auf das Taj Mahal in Indien oder die Akropolis in Griechenland gleich.

Über die Jahrhunderte hielt Aleppo bereits mehreren Invasionen stand: etwa die der Mongolen 1260, der Ottomanen im 16. Jahrhundert und der französischen Besatzer im frühen 19. Jahrhundert. Bei den jüngsten Kämpfen wurde unter anderem die al-Shibani Kirchenschule, ein Zeichen für die Tradition der religiösen Toleranz in Aleppo, zerstört.

Verwüstet wurde in der vergangenen Monaten auch eines der ältesten und größten öffentlichen Badehäuser der Stadt, das al-Nahasin Hammam aus dem 13. Jahrhundert.

Für die Zerstörung verantwortlich waren nicht nur die Bomben, die syrische Regimetruppen und ihre Verbündeten, auf Aleppo feuerten, sondern auch die Taktiken der Rebellen für die schweren Straßenkämpfe in den engen Gässchen der Altstadt: Die Islamisten sprengten in Tunneln unter strategisch wichtigen Positionen Minen in die Luft - manche Explosionen seien derart stark gewesen, dass sie selbst auf den Mauern der Zitadelle zu spüren gewesen seien, berichtet ein Soldat.

(APA/Reuters/red.)

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