Alma Deutscher: Die Oper einer Elfjährigen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit zwei Jahren bekam sie ein Klavier, mit vier begann sie zu komponieren, nun wird die Oper der elfjährigen Britin in Wien uraufgeführt.

Sie läuft gern im Garten herum, am liebsten mit ihrer rosa-lila Springschnur in der Hand. Sie isst gern Palatschinken und mag das Märchen vom Aschenputtel. Das alles klingt nach einem ganz normalen elfjährigen Mädchen – wenn es nicht so wäre, dass sich die Britin Alma Deutscher beim Schwingen ihrer Springschnur (sie springt nicht damit, sie schwingt sie durch die Luft) Melodien ausdenkt. Und nicht irgendwelche Melodien, sondern (klassische) Kompositionen, die von der Fachwelt begeistert auf- und auch ernst genommen werden.

Die unglaubliche Geschichte des kleinen Mädchens beginnt früh: Im Alter von vier Jahren fängt Alma zu komponieren an, da spielte sie längst Klavier und Geige, mit sechs hat sie ihre erste Klaviersonate verfasst. Nebenbei absolviert sie Auftritte in zig Ländern und arbeitet dabei mit Größen wie Simon Rattle und Daniel Barenboim zusammen.

Und die Geschichte vom Aschenputtel hat sie sich nicht nur wie andere Kinder vorlesen lassen, sondern eine ganze, abendfüllende Oper („Cinderella“) dazu geschrieben, in der sie das bekannte Märchen in ein Opernhaus verlagert: Die böse Stiefmutter ist die Leiterin der Oper, Cinderella eine junge Komponistin, „ein bisschen wie ich“, wie Alma erzählt. Ende Dezember feiert „Cinderella“ in Wien (auf Deutsch) ihre Welturaufführung, Deutscher wird dabei am Klavier spielen. Almas Geschichte ist damit zweifellos eine, die die Menschen fasziniert: Ein „prodigy“, ein Wunderkind, wird sie genannt – und seit Schriftsteller Stephen Fry sie auf Twitter „the new Mozart“ genannt hat, wird sie den Vergleich nicht mehr los. Nein, sie sei kein kleiner Mozart, antwortet Deutscher darauf immer höflich, sie sei die kleine Alma.

Beobachtet man sie bei den Proben, wie sie konzentriert am Klavier sitzt und die Sänger einige Stellen wieder und wieder singen lässt, bis es genauso klingt, wie sie es sich vorstellt, staunt man, wie ein kleines Mädchen schon so professionell arbeiten kann. Nicht nur als Laie: „Ihre Oper ist Werken von Erwachsenen gegenüber absolut gleichwertig. Wir sind verzaubert von ihrer Musik“, sagt Cathrin Chytil vom Verein Oh!pera, die Deutscher mit ihrer Oper nach Wien geholt hat.

Dass sie eine besondere Gabe hat, sei ihr lang gar nicht bewusst gewesen, erzählt Alma. „Für mich ist es ganz normal, dass ich komponiere“, sagt sie. „Ich glaube, ich wäre nicht glücklich, wenn ich das nicht machen könnte.“ Natürlich sei es „harte Arbeit“, eine ganze Oper zu schreiben. Aber es sei fantastisch, dass „Cinderella“ in Wien uraufgeführt werde, in der Stadt der Musik. „Ich war schon einige Male hier, I love it. Ich gehe immer in den Musikverein, höre mir die Philharmoniker an.“ In Wien habe sie auch Zubin Mehta kennengelernt, der die Schirmherrschaft für ihre Oper übernommen hat und der sie „eines der herausragendsten Talente unserer Zeit“ nennt.

Nicht allen fällt es so leicht wie Mehta, ein kleines Mädchen als Gegenüber zu akzeptieren. „Manche nehmen mich ernst, andere nicht. Ich glaube, wenn ich erwachsen wäre und einen Bart hätte, würden sie mich ernster nehmen.“ Alma sagt das nicht verbittert, sondern ganz leicht. Ihr Vater, der Linguist Guy Deutscher, ein ruhiger Mann, sitzt daneben und lächelt. Beide Elternteile sind Amateurmusiker, beide nicht ansatzweise so begabt wie ihre Tochter. Anfangs haben sie noch gemeinsam musiziert, schnell aber hat Alma ihre Eltern überholt, „und es wurde für uns zu peinlich“, wie ihr Vater einmal dem „Telegraph“ erzählt hat.

Alma hofft, dass sich auch Kinder für ihre Oper begeistern, „wenn sie wissen, dass sie nicht von einem alten, dicken Mann geschrieben wurde, sondern von einem Mädchen“ – das natürlich schon an neuen Projekten arbeitet. „Ich will nicht verraten, woran, es wird eine Überraschung“, sagt sie. „Aber es wird sehr interessant.“ Zweifellos.

ZUR PERSON

Alma Deutscher (11) ist eine britische Musikerin (Klavier, Geige) und Komponistin. Sie komponierte bereits im Alter von vier Jahren, ihre erste (kurze) Oper schrieb sie als Siebenjährige. www.almadeutscher.com
Ihre erste abendfüllende Oper, „Cinderella“, wird am 29. Dezember in Wien im Casino Baumgarten (14., Linzer Straße 297) uraufgeführt (www.ohpera.at), Deutscher wird am Klavier zu hören sein. Die Premiere ist ausverkauft. Tickets für die weiteren Termine – 30.12. (16 Uhr), 4.1. (19 Uhr), 5.1. (16 Uhr) – gibt es über oeticket.com.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2016)

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