Tod von Alijew: Justiz holt Ergänzungsgutachten ein

Der Zellentrakt mit jener Zelle, in der Alijew starb.
Der Zellentrakt mit jener Zelle, in der Alijew starb.(c) APA
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Der frühere kasachische Botschafter in Wien war im Februar 2015 tot in seiner Zelle in der Justizanstalt Josefstadt aufgefunden worden.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat das Institut für Rechtsmedizin in St. Gallen mit einem Ergänzungsgutachten hinsichtlich der Todesursache des Ende Februar 2015 tot in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt aufgefundenen Rakhat Alijew beauftragt. Das gab Behördensprecherin Nina Bussek am Donnerstag bekannt.

"Unser Institut ist um eine ergänzende Stellungnahme zum Erstgutachten und um eine Stellungnahme zum Privatgutachten von Professor Brinkmann gebeten worden", bestätigte Philipp Lutz, Mediensprecher des Kantonsspitals St. Gallen. Man habe neben der Expertise des deutschen Gerichtsmediziners Bernd Brinkmann, den die Anwälte Alijews beigezogen hatten, mittlerweile auch das gesamte Foto-Material von der Erstobduktion in Wien erhalten. Die Unterlagen gelte es nun zu sichten und eingehend zu prüfen: "Es wird einige Zeit dauern, bis das abgeklärt ist." Der schriftliche Befund wird demnach "frühestens Anfang, realistischerweise eher Mitte Jänner vorliegen und dann umgehend nach Wien übermittelt", kündigte Lutz am Donnerstag an.

Suizid oder "Tötung durch fremde Hand"?

Die Leiche des ehemaligen kasachischen Botschafters in Wien, Rakhat Alijew, war nach der Auffindung sofort obduziert worden. Ein Wiener Gerichtsmediziner stellte zweifelsfrei Selbstmord fest, was später eine unabhängige Expertenkommission bestätigte. Um in dem Aufsehen erregenden Fall eine zweite Fachmeinung einzuholen, wurde das Institut für Rechtsmedizin in St. Gallen eingeschaltet. Auch dort lautete der Befund auf Suizid.

Die Rechtsvertreter der Witwe, die stets Zweifel am Freitod geäußert hatten, gaben sich damit nicht zufrieden. Sie befassten Bernd Brinkmann mit der Frage nach der Todesursache. Der anerkannte deutsche Gerichtsmediziner hatte schon ein Mal in Österreich für Schlagzeilen gesorgt. Im Fall Omofuma - der Nigerianer Marcus Omufuma war am 1. Mai 1999 bei seinem Abschiebe-Flug ums Leben gekommen - korrigierte er einen Wiener Gerichtsmediziner insoweit, als er Ersticken als kausal für den Todeseintritt nachwies. Der Wiener Kollege hatte mehrere Todesursachen für denkbar gehalten, darunter eine übersehene Herzmuskelentzündung.

In Bezug auf Alijew geht Brinkmann davon aus, dass dieser sich entgegen der Annahmen der Wiener und Schweizer Experten nicht in seiner Zelle erhängt hat. Er schließt aus punktförmigen Blutungen unterhalb der Strangmarke auf ein Töten durch Kompression des Brustkorbs bei gleichzeitigem Verschluss von Mund und Nase ("Burking"). Alijew sei so innerhalb von zehn Minuten qualvoll erstickt. "Es handelt sich damit um eine Tötung durch fremde Hand", so Brinkmann in seinem 18-seitigen Gutachten.

(APA)

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