Die Kapitalstärkung durch private Geldgeber bei Italiens Krisenbank ist gescheitert. Nun bleibt die Hilfe durch den Staat als letzte Möglichkeit. Rom hat sich bereits vorbereitet.
Wien. Es war die letzte Frist in einem Rettungsplan, an den ohnehin kaum mehr jemand glaubte. Gestern, Donnerstag, lief die Deadline für die geplante Kapitalerhöhung bei der drittgrößten italienischen Bank, Monte dei Paschi di Siena, ab. Drei Milliarden Euro an frischem Kapital hätten an diesem Tag von privaten Investoren fließen sollen. Als neuer Ankerinvestor war der Staatsfonds von Katar in Gespräch. In Verhandlungen hatten die Italiener versucht, ihn von einer Zeichnung neuer Aktien überzeugen zu können.
Doch die Araber sagten ab. Am Mittwochabend teilte die Bank daher mit, dass es nicht gelungen sei, den Investor zu überzeugen. Ohne einen neuen Ankerinvestor war es de facto auch zur Unmöglichkeit geworden, andere Geldgeber davon zu überzeugen, in die Bank zu investieren. Ohne die drei Milliarden an zusätzlichem Kapital ist allerdings auch der Rettungsplan zum Scheitern verurteilt. Daran ändert auch nichts, dass in den vergangenen Wochen bereits Anleihen im Ausmaß von zwei Milliarden Euro in Aktien getauscht wurden.
Negative Kernkapitalquote bei Stress
Denn Monte dei Paschi benötigt bis Ende des Jahres fünf Milliarden an zusätzlichem Kapital. Diese Zahl ergibt sich aus dem Ergebnis des europäischen Stresstests im Sommer. Damals erzielte die drittgrößte Bank Italiens das schwächste Ergebnis aller getesteten Finanzinstitute – im Stressszenario fiel die Kernkapitalquote auf den Wert von minus 2,4 Prozent. Sämtliche Kapitalpolster der Bank würden also aufgezehrt. Grund für diese problematische Situation ist die schlechte wirtschaftliche Entwicklung Italiens. Rund 40 Prozent aller vergebenen Kredite bei Monte dei Paschi werden nicht zurückgezahlt. Die Bank saß im Sommer daher auf einem Berg fauler Kredite in Höhe von 40 Mrd. Euro. 28 Mrd. Euro davon wurden seither verkauft, allerdings entstanden dabei hohe Verluste, die nun abgedeckt werden müssen.
Ohne ein Einspringen des Staats wäre die Bank somit wohl dem Untergang geweiht. Rom hat sich auf eine solche Staatshilfe auch bereits vorbereitet. Wie berichtet, teilte die Regierung des neuen italienischen Ministerpräsidenten, Paolo Gentiloni, erst Anfang dieser Woche mit, dass das Land bei Bedarf bis zu 20 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen werde, um angeschlagenen Finanzinstituten zu helfen. Der Regierungsvorschlag muss noch vom Parlament abgesegnet werden. Laut Gentiloni handelt es sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme. Man werde sehen, ob und wie viel Geld notwendig sein werde. Er rief die Oppositionspartien daher auch dazu auf, dem Plan zuzustimmen. Die Erhöhung der Staatsverschuldung könnte notwendig werden, um die Sparer zu schützen.
Letzteres ist jedoch auch der Knackpunkt bei der nun bevorstehenden Bankenrettung, in deren Mittelpunkt vor allem Monte dei Paschi stehen wird. Denn laut den erst zu Jahresanfang eingeführten neuen europäischen Regeln zur Bankenunion darf es zwar weiterhin Hilfe für systemrelevante Banken in Schieflage durch die Staaten geben. Allerdings nur, wenn Aktionäre, Gläubiger und sogar Sparer über der Sicherungsschwelle von 100.000 Euro zum Handkuss gekommen sind. Bei Monte dei Paschi hieße das etwa, dass die Zeichner von Anleihen – vor allem von jenen mit Nachrang – ihr Geld verlieren müssten.
40.000 Kleinanleger betroffen
Doch gerade diese Anleihen wurden in den vergangenen Jahren in Italien oft an Privatkunden verkauft. Etwa 40.000 Kleininvestoren wären daher von einem Kapitalschnitt betroffen. Politischer Sprengstoff, denn die Politiker in Rom lieber nicht zünden wollen. Damit riskieren sie jedoch, mit der EU in Brüssel zu streiten oder – noch schlimmer – die erst jüngst eingeführten Regeln nach nur einem Jahr ad absurdum zu führen.
Angesichts der angespannten Situation gibt es bei Monte dei Paschi jedoch nicht nur auf der Kapitalseite Probleme. Zunehmend könnte es auch mit der Liquidität hapern. Denn viele Anleger zogen in den vergangenen Wochen aus Angst Milliarden ab. Hält diese Entwicklung an, könnte die Bank bereits in den nächsten vier Monaten Probleme mit der Verfügbarkeit flüssiger Mittel haben, so eine Warnung des Unternehmens. Monte dei Paschi ist zwar der größte, aber nicht der einzige Problemfall in Italien. Erst am Mittwoch verabreichte der Rettungsfonds Atalante zwei Regionalbanken eine Geldspritze von fast einer Milliarde Euro.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2016)