Schleier-Verbot an Uni in Kairo: Kritik aus Arabien

Studentinnen der Al-Azhar-Universität mit Niqab
Studentinnen der Al-Azhar-Universität mit Niqab(c) AP (Amr Nabil)
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Die höchste Autorität der Sunniten verbannt den Gesichtsschleier vom Gelände der Al-Azhar-Universität: Er sei nur Tradition, keine religiöse Vorschrift. In Arabien sieht man das anders.

Der Gesichtsschleier (Niqab) sei nur eine Tradition, keine religiöse Vorschrift: Mit dieser Einschätzung hat der Großscheich der Kairoer Universität und Moschee Al-Azhar, Mohammed Sayed al-Tantawi, das Tragen des Niqab an seiner Lehranstalt verboten. Nach Auffassung der meisten Religionsgelehrten sei "das Gesicht einer Frau keine Schande", sagte Tantawi am Donnerstag in Kairo.

Mit diesem Urteil hat sich der Großscheich den Zorn vieler Konservativer zugezogen. Der saudiarabische Scheich Mohammed al-Nojaimi vom Institut für islamische Rechtswissenschaft in Jeddah (Dschidda), sagte nun im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, er hoffe, dass Tantawi seine Meinung ändern werde, "denn sonst wird dies die ägyptische Gesellschaft in zwei Lager spalten". Zuvor hatte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Muslimbruderschaft im ägyptischen Parlament, Hamdi Hassan, Tantawi heftig kritisiert.

Al-Azhar

Die Universität in Kairo ist die höchste theologische Autorität im sunnitischen Islam. Mit ihren Fatwas (religiösen Rechtsgutachten) bestimmt Al-Azhar maßgeblich soziale und ethische Belange von etwa einer Milliarde Sunniten weltweit. Tantawi, der 43. Großscheich von Al-Azhar, hatte unter anderem Massendemonstrationen gegen die dänischen Mohammed-Karikaturen angeführt. Er verdammte den al-Qaida-Terrorismus als antiislamisch, bekundete aber Verständnis für den antiamerikanischen Widerstand im Irak.

Tantawis Behauptung, das Tragen des Gesichtsschleiers sei eine Tradition, die mit dem Islam nichts zu tun habe, sei falsch, so Nojaimi. "Der Niqab ist in den Berichten über die Überlieferungen des Propheten erwähnt. Dort heißt es, dass die muslimische Frau den Gesichtsschleier nur während der Zeit der Wallfahrt nach Mekka nicht tragen solle, und das beweist doch, dass sie ihn außerhalb dieser Zeit getragen hat", fügte er hinzu.

Tantawi: "Tradition, nicht Islam"

Tantawi hatte am vergangenen Wochenende während einer Inspektion in einem Lehrinstitut von Al-Azhar in Kairo ein Mädchen gezwungen, seinen Gesichtsschleier abzulegen. Dann beschämte er die Schülerin, indem er erklärte, so hübsch, dass sie ihr Gesicht vor aufdringlichen Blicken schützen müsse, sei sie nun schließlich auch nicht.

Anschließend kündigte er an, er wolle das Tragen des Schleiers, der nur einen Sehschlitz freilässt, auf dem Gelände des Instituts verbieten lassen. Zu den Schülerinnen sagte er: "Das sind nur Traditionen, mit dem Islam hat dieser Schleier nichts zu tun."

Die Mehrheit der Ägypterinnen trägt das islamische Kopftuch. In den vergangenen zehn Jahren hat darüber hinaus die Zahl der Frauen zugenommen, die - wie in Saudi-Arabien üblich - zusätzlich auch ihr Gesicht verhüllen. Die ägyptische Regierung beobachtet diese Entwicklung mit Sorge. Al-Azhar wird von der Regierung kontrolliert.

(Ag./Red.)

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