Nach der UN-Resolution gegen die israelischen Siedlungen im Westjordanland gehen die diplomatischen Wogen nicht nur zwischen den USA und Israel hoch.
Israel hat mit diplomatischen Schritten auf die UNO-Resolution gegen die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Palästinensergebieten reagiert. Nach scharfer Kritik am scheidenden US-Präsidenten Barack Obama empfing Regierungschef Benjamin Netanyahu am Sonntag den US-Botschafter David Shapiro in Jerusalem. Angaben zum Inhalt des Gesprächs wurden nicht gemacht.
Zudem wurden weitere Botschafter von UNO-Sicherheitsmitgliedern, die für die Resolution gestimmt hatten, ins Außenministerium zitiert.
Der Sicherheitsrat hatte die Resolution am Freitag verabschiedet. Darin wird der sofortige Stopp israelischer Siedlungsaktivitäten im Westjordanland und in Ost-Jerusalem gefordert. Diese hätten keine rechtliche Grundlage und gefährdeten die Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt, heißt es in dem Text.
Es war das erste Mal seit 1979, dass der Sicherheitsrat die israelische Siedlungspolitik in einer Resolution verurteilte. Möglich wurde das durch die Entscheidung der USA, nicht wie sonst von ihrem Vetorecht gegen eine Verurteilung Israels Gebrauch zu machen, sondern sich der Stimme zu enthalten.
"Schändliche" Entscheidung
Die Entscheidung sei "parteiisch" und "schändlich", sagte Netanyahu am Samstag bei einer Zeremonie zum jüdischen Hanukkah-Fest, die im israelischen Fernsehen übertragen wurde. "Es wird dauern, aber diese Entscheidung wird annulliert werden", sagte er. Er habe zudem Anweisung gegeben, alle UNO-Verpflichtungen Israels, einschließlich der finanziellen, zu überprüfen.
Scharfe Kritik übte Netanyahu an Obama, zu dem er ein äußerst angespanntes Verhältnis hat. "Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Obama-Regierung sie (die Resolution, Anm.) initiiert hat, dahinter stand, die Formulierungen koordiniert und gefordert hat, dass sie verabschiedet wird." Obama habe mit der guten US-Tradition gebrochen, Israel nicht "die Bedingungen für einen Frieden zu diktieren". Die USA hätten Israel einen "schändlichen Schlag" bei den Vereinten Nationen" versetzt. Netanyahus Sprecher David Keyes erklärte am Sonntag im US-Nachrichtensender CNN, die Resolution sei "nicht ein Schritt zum Frieden, sondern ein Schritt weg vom Frieden".
USA verteidigen Schritt
Dan Kurtzer, US-Botschafter in Israel von 2001 bis 2005, kritisierte Netanyahu für persönliche Angriffe auf Obama. "Die Sprache, die gegen den Präsidenten der Vereinigten Staaten benutzt wird, ist etwas in dieser Form nie Dagewesenes", sagte er dem israelischen Armeesender am Montag. "Die Resolution richtet sich gegen Israels Siedlungspolitik, es ist keine Überraschung, dass die internationale Gemeinschaft stark dagegen ist, was Israel im Westjordanland tut", sagte Kurtzer. "Ein Verbündeter sollte nicht so eine Sprache gegen einen anderen Verbündeten verwenden, egal, wie wütend jemand ist. Das ist einfach nicht in Ordnung und inakzeptabel."
Die Botschafter von zehn der 14 Sicherheitsratsmitglieder wurden ins israelische Außenministerium zitiert. Das sagte Außenamtssprecher Emmanuel Nahshon der Nachrichtenagentur AFP. Nicht von der Protestmaßnahme betroffen waren Venezuela, Malaysia, der Senegal und Neuseeland - die vier Länder hatten den Resolutionstext eingebracht. Während der Senegal und Neuseeland keine Botschaften in Israel haben, unterhalten Venezuela und Malaysia keine diplomatischen Beziehungen zu Israel.
Der Senegal verteidigte sein Verhalten. Dies werde auch von der internationalen Gemeinschaft, besonders den muslimischen Nationen, begrüßt, sagte ein Regierungssprecher in Dakar am Sonntag im Staatsfernsehen. Israel hatte nach der Verabschiedung der Resolution seine Botschafter aus dem Senegal und Neuseeland für Konsultationen in die Heimat abberufen. Zudem lud Netanyahu den senegalesischen Außenminister wieder aus, der im Jänner Israel besuchen sollte, und stoppte alle Hilfsprogramme für den westafrikanischen Staat.
Konsequenzen der Resolution
Die Resolution ist nicht bindend, doch befürchten israelische Regierungsvertreter, dass sie die Möglichkeiten der Strafverfolgung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) erweitern könnte. Zudem könnte die Resolution Sanktionen auf Produkte aus jüdischen Siedlungen befördern.
Unterdessen meldete das israelische Armeeradio, dass der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman einen Stopp der zivilen Zusammenarbeit mit den Palästinensern angeordnet habe. Die Sicherheitszusammenarbeit bleibe aber bestehen. Offiziell wurde der Bericht zunächst nicht kommentiert.
Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas befürwortete die Resolution des UNO-Sicherheitsrats. Die Annahme des Textes sei eine "wichtige Entwicklung" in den internationalen Beziehungen, erklärte die im Gazastreifen herrschende palästinensische Organisation am Samstag. Die Europäische Union und die USA betrachten die Hamas als Terrororganisation. Diese erkennt den Staat Israel nicht an.
Israel unterscheidet zwischen rund 120 Siedlungen im Westjordanland, die mit Genehmigung der Regierung errichtet wurden, und rund 100 "wilden Siedlungen", die aber weitgehend geduldet werden. Nach internationalem Recht sind alle Siedlungen in den besetzten Gebieten illegal, und die internationale Gemeinschaft sieht die Siedlungen Hindernis für eine Friedensregelung an.
(APA/AFP/dpa)