Strache und Kurz im Duell um die Facebook-Fans

Kanzler Christian Kern „wächst“ derzeit auf Facebook stärker als FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, dem bisher nur Außenminister Sebastian Kurz nahe kam.
Kanzler Christian Kern „wächst“ derzeit auf Facebook stärker als FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, dem bisher nur Außenminister Sebastian Kurz nahe kam.(c) Kurier/picturedesk.com
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Der FPÖ-Chef hat fast 500.000 Fans, ein Viertel davon aus Deutschland. Unweit dahinter folgt Außenminister Kurz. Doch auch Kanzler Kern mischt nun mit – und holt stark auf.

Wien. Heinz-Christian Strache, Bundesparteiobmann der FPÖ, führt die Rangliste der österreichischen Politik an, wenn es darum geht, wer in dem sozialen Netzwerk Facebook die meisten Fans hat. Erst am Weihnachtswochenende bekundete er dort in einem Posting, sich über 490.000 „Gefällt mir“-Angaben zu freuen. Und er dankte für „das große Interesse“ an seinem Profil. Die Zahl stimmt jedoch schon nicht mehr: Gestern, Montag, wurden bereits 491.288 „Gefällt mir“ verzeichnet. Tendenz steigend.

Straches Führung in diesem Bereich ist so weit nicht neu – annähernd an ihn heran kommt nur ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz, der am Montag rund 413.570 Anhänger verzeichnete –, jedoch war bisher die Zusammensetzung seiner digitalen „Freunde“ nicht klar. Eine solche Auswertung erlaubt der „Facebook Like Check“ von Stern TV, der belegt: 67,9 Prozent der „Gefällt mir“ stammen aus Österreich (das sind umgerechnet 326.266 andere Profile), 25,9 Prozent aus Deutschland (in Zahlen: 124.282). Auf Platz drei rangiert die Schweiz (3694), Platz vier nimmt Italien (3644) ein, Rang fünf geht an die USA (3301). Russland, dem Strache unlängst einen Besuch abgestattet hat, fällt hingegen weit ab: Nur 286 Zustimmungen erhält er von dort.

Social-Media-Expertin Judith Denkmayr erklärt sich den „deutschen Erfolg“ Straches mit den „übergreifenden Zielgruppen“ der AfD und der FPÖ. Auch gemeinsame Auftritte mit der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry, wie etwa jener im Juli auf der Zugspitze – die Bilder der lächelnden Politiker vor schneebedeckten Gipfeln, die sich mit vollgefüllten Biergläsern zuprosten, wurden eifrig geteilt –, würden Straches Popularität steigern. Freilich spiele auch die Themenwahl eine Rolle: „Viele H.-C.-Strache-Posts sind viral bzw. über Gruppen nach Deutschland gekommen und haben dort Fans aufgeweckt“, sagt Denkmayr im Gespräch mit der „Presse“.

Faymann hätte "sich auf den Kopf stellen"

„Die FPÖ ist sehr bemüht, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen“, so Denkmayr weiter. „Es wird eine große Medienstrategie verfolgt, da erkannt wurde, dass man über klassische Medien nicht durchkommt und sehr kritisiert wird.“ Je mehr Zustimmung aber via Social Media erreicht wird, desto ernster müsse man diese Plattformen nehmen. Gerade Straches Facebook-Profil habe die Wahrnehmungsgrenze überschritten, stehe unter ständiger (medialer) Beobachtung: „Über kaum etwas wird so häufig berichte wie über Straches Facebook-Aktivität.“

Zum Vergleich: Bundeskanzler Christian Kern, der am Montag auf 117.075 „Gefällt mir“ kam, erhält diese zu 92,3 Prozent aus Österreich. Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sammelte bislang 19.365 Facebook-Anhänger – davon 96,8 Prozent Österreicher. Und als parteiinterner Vergleich: Vizeparteichef und freiheitlicher Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer, der mittlerweile mehr als 314.400 „Freunde“ hat, lukriert diese ebenfalls hauptsächlich aus Österreich (87,5 Prozent), jedoch ist der Deutschland-Prozentsatz mit einem Wert von 7,4 deutlich höher als bei Kern (3,7 Prozent) und Mitterlehner (0,8 Prozent).

Für Denkmayr ist gerade Kerns momentaner „Respektabstand“ zum FPÖ-Chef alles andere als in Stein gemeißelt: „Er hat einige Jahre Nachteil, weist aber ein sehr starkes wöchentliches Wachstum von 2,5 Prozent auf, Strache liegt bei 1,5 Prozent.“ Kerns Amtsvorgänger Werner Faymann hingegen hätte sich, „böse gesagt, auf den Kopf stellen und mit den Zehen schnippen können, er hätte nie so viele Fans zusammenbekommen“. Wenig Bewegung gibt es derzeit auch bei Grünen-Chefin Eva Glawischnig, die bei 0,5 Prozent liegt. Deutlich höher dagegen Mitterlehners Wert von 1,4 Prozent. Einen Sonderfall stellt Außenminister Kurz dar: „Er hat ein relativ hohes Wachstum von derzeit 2,3 Prozent bei recht wenig Engagement (die Mischung aus der Zahl von Klicks, abgegebenen Kommentaren und Shares aufgerechnet auf die Zahl der Fans, Anm.) – er schaltet viel Werbung. Allerdings: In den letzten Wochen des Stichwahlkampfes lag er bei vier bis fünf Prozent Wachstum, bei nur 1,4 Prozent Engagement.“

FPÖ-"Decke" kommt bestimmt

Eine Dauererscheinung werde Straches Facebook-Führung aber nicht sein, vermutet Denkmayr: „Die FPÖ wird wahrscheinlich nie 70 Prozent der Österreicher inhaltlich erreichen können, da sie für eine eher zugespitzte Meinung steht. Daher ist auch ihre Social-Media-Decke irgendwann erreicht, ein Ausweg sind Werbeschaltungen, das wird auf Dauer aber teuer.“ Bei Kurz, den die Expertin in einem „digitalen Match“ mit dem FPÖ-Chef um die Gunst der Facebook-User sieht, gebe es hingegen sicher noch mehr Potenzial – und zwar nicht nur mit Blick auf Deutschland, sondern insbesondere auf die eigene, die österreichische Wählerschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2016)

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